Tornado-Einsatz der Bundeswehr gefährdet Projekte von Hilfs-Organisationen in Afghanistan
Archivmeldung vom 09.02.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.02.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer anstehende Einsatz deutscher Tornado-Flugzeuge in Afghanistan wird die Sicherheit der nur noch wenigen zivilen deutschen Hilfs-Organisationen und Projekte in den Süd- und Ost-Provinzen Afghanistans deutlich gefährden.
Die Projekte der „Kinderhilfe Afghanistan“ befinden sich ausschließlich in diesen Gebieten.
Jahrelange mühevolle und erfolgreiche Aufbauarbeit insbesondere im Bildungsbereich für Mädchen droht zu scheitern.
Selbst
der beabsichtigte militärische Zweck
des Tornado-Einsatzes, nämlich Aufklärung von Taliban-Kämpfern und damit ein
Rückgang der Kämpfe , wird nicht erreicht werden.
Die
Taliban-Kämpfer haben sich bereits
jetzt darauf eingestellt, nicht mehr in größeren Einheiten und Verbänden – und
damit für Luftaufklärung erkennbar – aufzutreten.
Sie
werden in Zukunft vorwiegend als „Einzelkämpfer“ in Kleinstgruppen und als
Selbstmordattentäter zum Einsatz kommen. Diese
sind aus der Luft nicht erkennbar.
Die
Gefährdung unserer Soldaten und ziviler Helfer und afghanischer
MitarbeiterInnen nimmt damit dramatisch zu.
In
den westpakistanischen Provinzen Belutschistan und NWFP werden seit Monaten,
vom Staat Pakistan völlig unbehelligt, Zehntausende junger Männer in radikalen Madrassas – Koranschulen
arabisch-wahabitischer Ausprägung – auf diese Einsätze „ideologisch“
eingestimmt und in versteckten Ausbildungslagern im Stammesgebiet der
westpakistanischen Paschtunen militärisch auch für Selbstmord-Einsätze in Afghanistan
ausgebildet.
Der
Andrang auf diese radikalen Schulen ist so stark wie noch nie in der Geschichte
Pakistans.
Eine
mittelfristig wesentlich wirksamere und
„preisgünstigere“ Lösung als die allein für 2007 ca. 35 Millionen Euro teuren Tornado-Einsätze
ist ein „Kampf um die Köpfe“ der Buben und jungen Männer in West-Pakistan.
Es
fehlen in diesen Provinzen nämlich mehr als 10.000 „normale“ Schulen.
Viel
Kinder sind daher auf die Koranschulen angewiesen, wenn sie überhaupt eine
schulische Ausbildung erfahren wollen.
Der
Besuch der Koranschulen ist für die Schüler kostenlos. Bau und Betrieb dieser
Einrichtungen wird mit saudi-arabischen Geldern finanziert.
Mit
weniger als der Hälfte der derzeitigen jährlichen Kosten für den ISAF-und
OEF-Einsatz wäre der Bau ausreichender und qualifizierter regulärer Schulen und
deren Unterhalt für 10 Jahre möglich. Allein
die Kosten des Tornado-Einsatzes für 2007 würden den Bau von ca. 1000 Schulen
ermöglichen.
Seit dem Sturz des Taliban-Regimes 2001 wurden ca. 70
Milliarden Euro westlicher Unterstützung in den „militärischen“ Teil des
Wiederaufbaues Afghanistan gesteckt; weniger als 10 Prozent davon in den
zivilen Wiederaufbau mit dem Ergebnis: Die Taliban sind so stark und
siegessicher wie nie zuvor.
Ein
ehemaliger ranghoher Sowjet-General sagte mir vor wenigen Monaten :
„Ihr
– der Westen - seid jetzt da, wo wir 1986 waren“. Knapp
3 Jahre später zog die bis dahin
unbesiegte Sowjet-Armee geschlagen aus Afghanistan ab und der Internationale
Islamistische Terrorismus war geboren.
Quelle: Pressemitteilung „Kinderhilfe Afghanistan“