Steinbach: Türkei muss sich ihrer Verantwortung am Mord an kritischem Journalisten stellen
Archivmeldung vom 22.01.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDer 52-jährige kritische Journalist armenischer Herkunft hatte seit Jahren für die Rechte der armenischen Minderheit in der Türkei gekämpft und sich dafür eingesetzt, dass die Verfolgung der christlichen Armenier im Osmanischen Reich zwischen 1915 und 1917 als "Völkermord" eingestuft wird.
Wegen seines Engagements war er im Mai 2006 mit dem
Henri-Nannen-Preis für Pressefreiheit ausgezeichnet worden. In seiner
Heimat Türkei, die den "Völkermord" offiziell nach wie vor
bestreitet, sah sich Dink hingegen immer wieder massiven Anfeindungen
ausgesetzt.
Nachdem der Herausgeber der armenisch-türkischen Wochenzeitung "Agos" bereits mehrere Drohungen erhalten hatte, wurde er am 19. Januar 2007 vor seiner Redaktion mitten im Zentrum von Istanbul durch gezielte Kopfschüsse von einem 17-jährigen niedergestreckt.
Zwar verurteilten Politiker aller Parteien die Ermordung Hrant
Dinks als einen gegen die Türkei gerichteten Angriff und
demonstrierten mehrere tausend Menschen gegen den Mordanschlag.
Tatsächlich aber trägt die Türkei selbst einen Teil der Verantwortung an diesem Verbrechen. Dink musste sich wegen seines journalistischen Einsatzes mehrfach vor Gericht verantworten und wurde im Oktober 2005 wegen "Beleidigung des Türkentums" zu 6 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Hiermit wurde er zum Landesverräter und damit zum Feindbild und potentiellem Opfer nationalistischer Kreise.
Seit langem drängt die Europäische Union die türkische Regierung,
den Hochverrats-Tatbestand "Beleidigung des Türkentums", der immer
wieder zum Mundtotmachen kritischer Stimmen missbraucht wird,
abzuschaffen. Trotz anderslautender Versprechen ist die Türkei dem
bislang nicht nachgekommen.
Diese Haltung der türkischen Seite trägt aber letztlich zu so
schockierenden Verbrechen wie dem Mord an Hrant Dink bei und kann
daher nicht widerspruchslos hingenommen werden. Von einem Land, das
der Europäischen Union beitreten möchte, muss erwartet werden können,
dass es zum Schutz seiner engagierten Journalisten bereit ist.
Die Arbeitsgruppe Menschenrechte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird die politische Situation in der Türkei auch weiterhin kritisch beobachten und sich mit allem Engagement für die Wahrung demokratischer, menschenrechtlicher Standards einsetzen.
Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU - Bundestagsfraktion