Zweifel am Terror-Szenario von London
Archivmeldung vom 30.08.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer britische Sprengstoffexperte Nigel Wylde bezweifelt in einem Gespräch mit dem Hamburger Magazin stern, dass es den mutmaßlichen Londoner Flugzeug-Terroristen gelungen wäre, funktionsfähige Sprengsätze an Bord zu bauen.
"So wie uns das
Szenario bis jetzt dargestellt wurde, hätte es nie funktioniert",
sagt Wylde in der neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe des
stern.
Wylde, der einst selber in Nordirland als Offizier der Armee
Terrorbomben entschärfte und heute als Waffensachverständiger bei
Gericht tätig ist, argumentiert, der genannte Sprengstoff TATP lasse
sich nicht realistisch aus mehreren Komponenten an Bord eines
Flugzeugs zusammen mischen.
Die britischen Sicherheitsbehörden hatten Anfang August 25
Terrorverdächtige festgenommen, die angeblich geplant hatten,
gleichzeitig bis zu zehn Verkehrsflugzeuge über dem Atlantik zu
sprengen. Dabei sollten, so der von offizieller Seite dargelegte
Plot, flüssige Substanzen in Getränkeverpackungen an Bord
geschmuggelt und dort zum Sprengstoff TATP angemischt werden.
Dies funktioniere, so Wylde gegenüber dem stern, aber nur bei Null
Grad Celsius, dauere viele Stunden und rieche stark nach Chemie.
"Entweder die Sicherheitskräfte haben ganz andere Erkenntnisse", so
Wylde, "oder sie haben eine Gruppe junger Menschen auffliegen lassen,
die zwar dachten, sie könnten Tausende töten, es aber nie vermocht
hätten."
Aussagen von Scotland-Yard-Vize Paul Stephenson, es sei "ein
Massenmord unglaublichen Ausmaßes" verhindert worden, gelten in
Londoner Sicherheitskreisen inzwischen als "unglücklich". Bisher sind
fünf Verdächtige wieder auf freiem Fuß, zwölf wurden angeklagt,
darunter drei, weil sie die Behörden nicht informiert haben.
Quelle: Pressemitteilung stern, G+J