Zwangsarbeit in Xinjiang: Eine Herausforderung für viele Branchen
Archivmeldung vom 15.04.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićKnapp ein Jahr nach Unterzeichnung des Aufrufs zur Beendigung der Zwangsarbeit in der Autonomen Region Xinjiang im Nordwesten Chinas stellt das SÜDWIND-Institut heute mit Ernüchterung fest: Weder deutsche oder europäische Unternehmen noch die Bundesregierung bzw. die EU haben in ausreichender Weise das Risiko minimiert, dass Produkte aus Xinjiang für den europäischen Markt ohne Zwangsarbeit hergestellt werden.
Zu Beginn des Jahres 2020 konnten Autoren einer australischen Studie nachweisen, dass insbesondere Uiguren in Xinjiang zur Arbeit für Produkte internationaler Wertschöpfungsketten gezwungen werden. Im Anhang listete die Studie Unternehmen aus der Elektronik- und Automobilbranche, Sportschuhmarken und viele Textilunternehmen auf, die in Xinjiang oder mit Arbeiter*innen aus Xinjiang in anderen Teilen Chinas produzieren lassen. Diese Produkte werden auch für Unternehmen wie VW, Nike, Adidas, Hugo Boss und Co. hergestellt. Aber nicht nur für diese bekannten Markenunternehmen, sondern auch für viele weitere westliche Unternehmen ist das Risiko, dass in der eigenen Wertschöpfungskette Zwangsarbeit vorkommt, damit erheblich.
SÜDWIND greift das Thema nun in mehreren soeben erschienenen Publikationen auf. Diese rücken das Risiko der Zwangsarbeit in Xinjiang zum einen in den Kontext des globalen chinesischen Infrastrukturprojekts der Neuen Seidenstraße. Zum anderen betrachten sie das Risiko von Zwangsarbeit auch für andere Branchen als die Textil- und Bekleidungsindustrie. "Xinjiang ist ein Knotenpunkt der Neuen Seidenstraße", so Dr. Sabine Ferenschild vom SÜDWIND-Institut. "Dass dort die Menschenrechte der Uigur*innen mit Füßen getreten werden, wirft ein besorgniserregendes Licht auf alle Großprojekte der Neuen Seidenstraße weltweit."
SÜDWIND verfolgt daher mit großem Interesse die Klage wegen Zwangsarbeit in der Lieferkette, die Nicht-Regierungsorganisationen Ende vergangener Woche in Frankreich gegen vier Unternehmen (Inditex, Uniqlo, SMCP und Sketcher) erhoben haben und der Klagen in weiteren europäischen Ländern folgen sollen.
In starken Lieferkettengesetzen in Deutschland und auf europäischer Ebene sieht SÜDWIND wichtige Instrumente, um Bewusstsein und Verantwortungsübernahme für die Vermeidung von Zwangsarbeit in der Lieferkette von Unternehmen und den Zugang zu Recht für Betroffene zu fördern. Ergänzt werden müssen sie durch politische Interventionen, die über die jüngst verhängten Sanktionen der EU gegen China hinausreichen, und durch freiwillige Maßnahmen von Unternehmen und Brancheninitiativen. "Die Einhaltung von Arbeitsrechten muss Kernelement des globalen Infrastrukturprojekts "Neue Seidenstraße" werden," fordert Ferenschild. "Zudem darf die Unterdrückung der Uigur*innen in China nicht länger durch Aufträge aus Europa finanziert werden"
Quelle: SÜDWIND e.V. (ots)