Geremek: "Eine Beleidigung für alle Polen"
Archivmeldung vom 02.05.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBronislaw Geremek, einstiger Berater der antikommunistischen Gewerkschaft Solidarnosc und polnischer Außenminister, hat das seit kurzem geltende "Durchleuchtungsgesetz" scharf angegriffen. "Dieses Gesetz beleidigt die polnische Gesellschaft", weil es alle Bürger verdächtige, sagt Geremek ZEIT Online.
Bis zu 700 000 Bürger müssen Auskunft über ihr Verhältnis zum
kommunistischen Geheimdienst geben. Andernfalls droht ihnen der
Verlust ihres Arbeitsplatzes.
Der Abgeordnete des Europäischen Parlaments zeigt sich besorgt
über die Fokussierung auf die Vergangenheit. "Dass man 17 Jahre nach
dem Regimewechsel die Aufarbeitung zum politischen Hauptproblem
macht, ist eine dramatische Bedrohung für Polen. Der Staat benutzt
die Akten für seine Ziele und schafft ein Klima des Misstrauens. Das
ist sehr beunruhigend", sagt Geremek. Er ist davon überzeugt, dass
die Mehrheit der Gesellschaft nach vorn und nicht in die
Vergangenheit blickt. "Die Polen wollen, dass die Regierung sich den
Herausforderungen der Zukunft stellt."
Geremek selbst hat nicht erneut Auskunft über seine Vergangenheit
gegeben und damit den Verlust seines Europamandats in Kauf genommen.
"Ich habe es als meine moralische Pflicht empfunden, dieses Risiko
auf mich zu nehmen." In zwei Wochen wird das polnische
Verfassungsgericht über das umstrittene "Lustrationsgesetz" urteilen.
Quelle: Pressemitteilung DIE ZEIT