Streit über Roma-Politik: Kanzlerin dementiert Sarkozy-Äußerungen
Archivmeldung vom 17.09.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Äußerungen des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy dementiert, dass auch Deutschland die Räumung von Roma-Lagern plane. Die Kanzlerin habe "weder im Europäischen Rat noch bei Gesprächen mit dem französischen Staatspräsidenten Sarkozy am Randes des Rates über vermeintliche Roma-Lager in Deutschland, geschweige denn deren Räumung gesprochen", teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstagabend mit.
Sarkozy hatte nach einem Gespräch mit der Bundeskanzlerin beim EU-Gipfel in Brüssel behauptet, dass auch Deutschland bald Roma-Lager auflösen wolle. "Frau Merkel hat mir gesagt, dass sie beabsichtigt, in den kommenden Wochen Lager räumen zu lassen", so Sarkozy wörtlich. Sie habe ihm außerdem ihre "totale und vollständige Unterstützung" bei der Frage der Roma-Abschiebungen signalisiert, beteuerte der französische Präsident weiter. Auch Außenminister Guido Westerwelle betonte, dass es keine Räumung von Roma-Lagern in Deutschland geben werde. Im "Deutschlandfunk" führte der FDP-Politiker die entsprechende Behauptung des französischen Präsidenten auf ein "Missverständnis" zurück. Aus Deutschland werden zwar ebenfalls Roma zurück in ihre Heimat geschickt, vor allem aber in das Kosovo, mit dem im April ein Abkommen unterzeichnet wurde. Darin werden Abschiebungen geregelt, so dass der Weg für die sogenannte Rückführung von rund 12.000 Angehörigen der Minderheiten der Roma, Ashkali und Kosovo-Ägypter frei ist, die keinen gültigen Aufenthaltstitel haben. Der Streit über Frankreichs Roma-Politik hatte am Donnerstag auf dem EU-Gipfel zum Eklat geführt. Nach Angaben von Beobachtern lieferten sich Sarkozy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso einen "sehr harten Schlagabtausch". Gut eine Stunde lang debattierten Europas 27 Top-Politiker über den Umgang der Franzosen mit Menschen, die dem Volk der Sinti und Roma zugeordnet werden. Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi stellte sich gleich auf die Seite Sarkozys.
Mit acht Millionen Menschen stellt das Volk der Sinti und Roma die größte Minderheit in Europa. Mit der Erweiterung der Europäischen Union sind Millionen von ihnen seit 2004 Teil der Gemeinschaft geworden.
Quelle: dts Nachrichtenagentur