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US-Autor: Was steckt hinter dem erschreckenden Anstieg der Jugendkriminalität in den USA?

Archivmeldung vom 23.08.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.08.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
USA /VSA Flagge
USA /VSA Flagge

Bild: Eigenes Werk /OTT

Ohne zwei wichtige Autoritätspersonen in ihren Leben – ihre Väter und die Polizei – kämpfen Jugendliche darum, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Welche Hoffnung aber gibt es für sie, die oft bereits im jüngsten Alter von ihren primären Orientierungspersonen abgeschnitten wurden? Dies berichtet der US-amerikanische Schriftsteller und Journalist Robert Bridge im Magazin "RT DE".

Weiter berichtet Bridge auf RT DE: "In den USA zeichnet sich ein beunruhigender Trend ab, wonach Gewaltverbrechen zunehmend von einigen der jüngsten Mitglieder der Gesellschaft begangen werden. Aber angesichts der politischen Spaltung, die diese Nation auseinandergerissen hat, ist es keine leichte Aufgabe, die Schuldigen für dieses Phänomen zu benennen.

Philadelphia, eine Stadt mit 1,6 Millionen Einwohnern im Bundesstaat Pennsylvania, ist im Volksmund als "Stadt der brüderlichen Liebe" bekannt, aber die Mordstatistiken erzählen eine andere Geschichte. Im Schuljahr 2022/2021 wurden 753 Schüler öffentlicher Schulen von Mitschülern erschossen. Polizeistatistiken zeigen, dass bis Mitte November des Jahres 2021 31 Opfer von tödlichen Schüssen unter 18 Jahre alt waren – mehr als im gesamten Jahr 2020 und dreimal so viele wie 2015. Gleichzeitig wurden im selben Zeitraum 30 Personen unter 18 Jahren wegen Tötungsdelikten festgenommen – sechsmal so viele wie 2019. So herzzerreißend es ist zusehen zu müssen, wie Kinder Opfer von Gewaltverbrechen werden, so beunruhigend ist die schiere Barbarei der Straftaten, die sie selbst begehen.

Im Juni wurde eine Gruppe von Jugendlichen aus Philadelphia vor einer Überwachungskamera dabei gefilmt, wie sie mit einem Straßenkegel auf einen 73-jährigen Mann, James Lambert Jr., einprügelte. Lambert starb im Krankenhaus an seinen Verletzungen. Nach Angaben der Polizei wurden zwei 14-Jährige wegen Mordes und Verschwörung dritten Grades angeklagt. Anscheinend hat ein 10-jähriger Junge, der lange nach seiner Schlafenszeit noch draußen auf der Straße war, den schrecklichen Mord mit seinem Handy gefilmt.

Entführungen von Autos an Kreuzungen scheinen ebenfalls zu einer beliebten Freizeitbeschäftigung für Amerikas innerstädtische Jugend geworden zu sein. Robert J. Contee III, Chef der Städtischen Polizeibehörde von Washington, D.C., sagte im Februar während einer Pressekonferenz, dass viele der Täter, die diese Verbrechen begehen, noch Kinder seien. "Die Tatsache, dass wir zwischen Prince George's County in Maryland und der Hauptstadt D.C. über 200 junge Menschen haben, die eine Autoentführung begangen haben, ist für mich erstaunlich", sagte er.

Während die US-Metropolen schon immer eine starke Anziehungskraft auf Kriminelle hatten, war die Erwartung, dass die Kinder irgendwie davor geschützt sein würden, sich ihren Reihen anzuschließen und irgendwo musste schließlich eine rote Linie gezogen werden. Aber heute existiert diese Linie nicht mehr, da sich die jüngsten Mitglieder der Gesellschaft in der gleichen Liga wie hartgesottene Kriminelle wiederfinden. Also, was ist schiefgelaufen?

Eine mögliche Erklärung für die grassierende Jugendkriminalität ist die Untersuchung der typischen Familienstruktur in den USA. Kann es reiner Zufall sein, dass das Land, das mehr Bürger in Gefängnissen eingesperrt hat als jedes andere auf der Welt, auch die höchsten Raten an alleinerziehenden Elternteilen hat? Es ist zumindest eine Korrelation, die es wert ist, untersucht zu werden.

Bereits 1996 begannen Experten nach Ursachen zu suchen, warum die amerikanische Gesellschaft auf den Abgrund zuzusteuern schien. Der Soziologe David Popenoe, der sich Gedanken über die Umstände gemacht hat, von denen Kinder betroffen sind – Essstörungen, Depressionen, Suizid, Alkohol- und Drogenmissbrauch, um nur einige zu nennen –, enthüllte, was seiner Meinung nach der primäre Auslöser für die Misere war. Laut Popenoe ist "die Abwesenheit von Vätern im Leben der Kinder eine der wichtigsten Ursachen" für diesen Trend, der das Land wie ein bösartiger Krebs befallen hat.

Popenoe ging dann noch weiter und lieferte eine erstaunliche Statistik aus den 1990er Jahren, die bis heute weitgehend unverändert geblieben ist: "Sechzig Prozent der amerikanischen Vergewaltiger, 72 Prozent der jugendlichen Mörder und 70 Prozent der Langzeitinsassen in Gefängnissen stammen aus vaterlosen Familien." Diese Statistik hat sich seit 1996 anscheinend nicht wesentlich verbessert. Solche Zahlen deuten darauf hin, dass hier mehr als nur Zufall im Spiel ist.

Seit Jahrtausenden galten Väter als die Autoritätsperson im Familienverband, während Studien belegen, dass Männer ihre Kinder strenger erziehen als Frauen. Gleichzeitig dienen Väter ihren Söhnen als entscheidende Vorbilder. Jetzt, da die traditionelle Kernfamilie aufgrund hoher Scheidungsraten zerfällt, müssen viele Kinder ihre Vorbilder woanders finden, die sie normalerweise auf der Straße unter ihren ebenso verwirrten Altersgenossen finden. Wenn Armut in die Gleichung mit eingebracht wird, dann werden Kinder aus solchen zerrütteten Familien eher versucht sein, die Verbrechen nachzuahmen, die sie jeden Tag um sich herum beobachten, insbesondere wenn sie keine Konsequenzen für ihre Handlungen erwarten müssen. Das ist zunehmend die Realität, denn der Polizei und den Gerichten fehlt die Handhabe, um diese Jugendlichen angemessen zu bestrafen.

Obwohl die Jugendkriminalität lange vor dem Tod von George Floyd durch Polizeigewalt im Jahr 2020 auf dem Vormarsch war, änderte sich die Einstellung zu diesem sozialen Phänomen inmitten der zivilen Unruhen merklich. Viele US-Städte begannen, im Bemühen die aufgebrachten Demonstranten von Black Lives Matter (BLM) zu beschwichtigen, nicht nur die Haushalte der Polizeibehörden zu kürzen, sondern auch ihre Mannschaftsstärken, ausgerechnet in einem Moment, in dem sie am dringendsten gebraucht wurden.

Auf dem Höhepunkt der Proteste ging die Stadt Seattle so weit, den Demonstranten der Antifa und der BLM-Bewegung zu erlauben, ihre autonome, polizeifreie Zone zu unterhalten, die zuerst als Capitol Hill Organized Protest (CHOP) und später als Capitol Hill Autonomous Zone (CHAZ) bekannt wurde. Für ein paar sorglose Stunden zog die ausgelassene Jugend mit lautstarkem Feiern und Tanzen durch die Straßen. Doch die Party dauerte nicht lange.

Tatsächlich brachen die Demonstranten selbst das Experiment in Anarchie ab, als die ersten Menschen nach Sonnenuntergang erschossen wurden – das jüngste Opfer von Schießereien im Zusammenhang mit CHAZ war gerade einmal 14 Jahre alt. Und obwohl eine entscheidende Lektion gelernt worden war, hatte sich die Vorstellung, dass Großstädte ohne eine Polizei als "Verteidiger des Friedens" funktionieren können, in Städten quer durchs Land in die Köpfe der Leute festgesetzt. Infolgedessen waren der amerikanischen Jugend effektiv zwei entscheidende Autoritätspersonen aus ihren Leben genommen worden – die Väter und die Polizei.

Es gilt, noch einen weiteren kritischen Punkt anzumerken. Nicht nur dienten sich die Konzernmedien als Fürsprecher der "meist friedlichen Proteste" an, auch Hollywood-Prominente kamen eifrig für die Gefängniskautionen der jungen Straftäter auf, von denen viele angeklagt waren, Bundesgebäude und Polizeibeamte angegriffen zu haben. Gleichzeitig öffneten die amerikanischen Unternehmen ihre Brieftaschen und versprachen Milliarden von Dollar für BLM und andere Organisationen. Demokratische Politiker gingen vor der Bewegung demonstrativ auf die Knie, während Städte in den USA in Flammen standen.

Wenn die Botschaft bis jetzt noch nicht deutlich genug war, dass sich Kriminalität auszahlt, war sie es spätestens dann, als ein BLM-Aktivist einer jungen Menschenmenge in Chicago zurief, dass die Plünderung von Geschäften in Ordnung sei, weil "dies einer Wiedergutmachung entspricht". Alles, was man mitnehmen wolle, solle man mitnehmen, denn diese Geschäfte hätten alle eine Versicherung. All dies sendete eine unmissverständliche Botschaft an die Jugend Amerikas, dass es keine Konsequenzen für ihr kriminelles Verhalten geben wird, abgesehen von einigen überwiegend positiven.

Welche Hoffnung gibt es also für die Jugendlichen, die oft bereits im jüngsten Alter von ihren primären Orientierungspersonen abgeschnitten wurden? Leider ist die Frage viel zu kompliziert, um sie hier klar beantworten zu können. Aber ohne die Anwesenheit von Vätern und anderen Autoritätspersonen im Leben junger Menschen werden Amerikas Jugendliche gezwungen sein, blindlings ihren Weg durchs Leben zu finden. Und da die Zukunft jedes Landes bei der Jugend liegt, verheißt das nichts Gutes für die Vereinigten Staaten."

Robert Bridge ist ein US-amerikanischer Schriftsteller und Journalist. Er ist Autor von "Midnight in the American Empire", Wie Konzerne und ihre politischen Diener den amerikanischen Traum zerstören. Er twittert unter @Robert_Bridge

Quelle: RT DE

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