Deutschland und Frankreich finden Kompromiss bei Bankenaufsicht
Archivmeldung vom 12.12.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNur wenige Stunden vor dem Sondertreffen aller 27 europäischen Finanzminister am Mittwoch in Brüssel haben sich deutsche und französische Unterhändler in bilateralen Gesprächen auf einen Kompromiss für die geplante zentrale Aufsicht über die Banken der Euro-Länder geeinigt. "Das ist der Durchbruch, auf den wir gewartet haben", sagte ein hoher EU-Diplomat am Dienstagabend der "Süddeutschen Zeitung".
Die deutsch-französische Einigung lasse die Chancen "deutlich wachsen", an diesem Mittwoch einen Beschluss aller 27 europäischen Finanzminister über die gesetzlichen Grundlagen der zentralen Aufsicht zu erzielen. Ganz sicher sei dies allerdings immer noch nicht, da einige Nicht-Euro-Länder, vor allem Großbritannien, Schweden und Tschechien, zusätzliche Stimmrechte durchsetzen wollten. "Die Forderungen einiger Nicht-Euro-Länder sind das letzte große Problem", hieß es. Die Staats- und Regierungschefs der 17 Euro-Länder hatten Ende Juni beschlossen, eine gemeinsame Aufsicht für die Banken der Währungsgemeinschaft einzurichten. Sie sollte der erste Schritt hin zu einer Bankenunion sein, die langfristig durch zwei europäische Fonds zur Restrukturierung beziehungsweise Abwicklung finanzschwacher Banken und zur Sicherung von Spareinlagen ergänzt werden soll.
Sobald die Aufsicht, die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelt sein sollte, effizient arbeitsfähig wäre, sollte es zudem die Möglichkeit geben, dass überwachte finanzschwache Banken direkt auf Kredite aus dem Euro-Rettungsfonds zugreifen können. Damit soll die gefährliche Spirale der Staatsverschuldung beendet werden. Dem Vernehmen nach einigten sich Berlin und Paris darauf, dass die EZB direkt alle systemrelevanten sowie solche Banken beaufsichtigen soll, die staatlich gestützt werden. Die anderen Banken sollen weiterhin von nationalen Aufsehern kontrolliert werden. Die EZB bekommt jedoch das Recht, den nationalen Aufsehern Anweisungen zu erteilen und die Aufsicht über jede Bank in begründeten Fällen an sich zu ziehen .
Die Unterhändler beider Länder einigten sich zudem auf die Modalitäten, nach denen die Europäische Bankenaufsicht (EBA) strittige Entscheidungen zwischen dem sechsköpfigen Direktorium der EZB und dem Aufsichtsrat, in dem vor allem die nationalen Aufseher sitzen, auflösen kann. Die neue Aufsicht über die Banken der Euro-Zone soll zunächst 200 Experten umfassen. Das Personal soll von der EZB eingestellt werden, nationale Aufseher können zeitlich befristet Mitarbeiter entsenden.
Leicht wird die ganz große Einigung nicht. Unterhändler berichteten, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sei entschlossen, am Mittwoch die ganze Nacht zu bleiben, um einen Kompromiss zu erzielen. Sein britischer Kollege George Osborne habe angekündigt, um 20 Uhr abzureisen. Gelingt der Kompromiss nicht, müssen die Staats- und Regierungschefs der 27 Länder einen Tag später auf ihrem Gipfel in Brüssel darüber beraten. Dort ist ein Streit zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident François Hollande so gut wie sicher.
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hat einen Plan zur Reparatur und zum Umbau der Währungsunion vorgelegt, dessen Kernpunkte Frankreich klar unterstützt, Deutschland aber strikt ablehnt. Berlin ist gegen einen separaten Haushalt oder eine Arbeitslosenversicherung für Euro-Länder. Van Rompuy schlägt dies vor, um einzelnen Euro-Ländern bei außergewöhnlichen finanziellen Schocks begrenzt zu helfen. "Wir wollen weder Diskussionen über Formen der Schuldenvergemeinschaftung noch über eine Fiskalkapazität, die gewaltige Volumina zur Schockabfederung haben könnte", sagte Außen-Staatssekretär Michael Link in Brüssel. Kanzlerin Angela Merkel sagte nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung der Unionsfraktion in Berlin, in der Frage einer engeren wirtschaftlichen Koordinierung und einer stärkeren politischen Verzahnung in der EU erwarte sie keine abschließenden Beschlüsse. Van Rompuy will seinen Vorschlag bis zum Gipfel überdenken.
Quelle: dts Nachrichtenagentur