Helmut Schmidt und Joschka Fischer kritisieren Merkels Europapolitik
Archivmeldung vom 27.11.2013
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Freigeschaltet durch Doris OppertshäuserHeftige Kritik an der Europapolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) üben der frühere Kanzler Helmut Schmidt (SPD) und der ehemalige Außenminister Joschka Fischer (Grüne) in einem Gespräch in der aktuellen Ausgabe der "Zeit". "Sie vertritt Europa nicht", sagte Schmidt über die Bundeskanzlerin. "Zurzeit ist die Europäische Zentralbank unter Mario Draghi die einzige Instanz in ganz Europa, die vernünftig funktioniert."
Schmidt wirft der Kanzlerin zudem vor, das Verhältnis zu Frankreich zu vernachlässigen. "Frau Merkel würde wahrscheinlich nie auf die Idee kommen, die für mich eine Leitidee war, heute vor vierzig Jahren: Nichts ohne Frankreich!" Fischer gibt der Bundeskanzlerin seinerseits eine Mitschuld an der "Renationalisierung" in Europa. "Ich glaube, der entscheidende Punkt, an dem Deutschland seine traditionelle Rolle aufgegeben hat, war, als Angela Merkel sagte, in dieser Krise muss jeder für sich selbst zu Hause aufräumen. Das war der Beginn jener unseligen Renationalisierung, die wir heute überall in der EU finden können."
Der frühere Bundesaußenminister wirft Merkel überdies vor, sie habe den Deutschen die unpopulären Entscheidungen in der Euro-Krise nicht erklärt. "Wie oft hat die Kanzlerin sich im Zusammenhang mit der Euro-Krise direkt ans deutsche Volk gewandt? Zero. Das ist doch das Privileg des Kanzlers. Das erwarten die Leute in einer Demokratie auch. In einer Krise guckt alles auf die Nummer Eins." Fischer fügte hinzu: "Von Frau Merkel haben wir zero gehört, wo sie hin will, wohl aber beständig, was alles nicht geht!" Das Gespräch ist ein Teil des neuen Buches von Helmut Schmidt "Mein Europa", das am 30. November 2013 im Hoffmann und Campe Verlag erscheint. Die "Zeit" veröffentlicht vorab eine gekürzte Fassung des Gesprächs.
Quelle: dts Nachrichtenagentur