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EU setzt beim TTIP-Abkommen auf Schiedsgerichte - Extrawurst für Investoren

Archivmeldung vom 16.09.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.09.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Mehr Demokratie, on Flickr CC BY-SA 2.0
Bild: Mehr Demokratie, on Flickr CC BY-SA 2.0

Das, was nun auf dem Tisch liegt, ist ein großer demokratischer Fortschritt. Bisher nämlich öffnen die weltweit mehr als 3000 Investitionsschutzabkommen der Willkür Tür und Tor. Auch Deutschland, das 1959 diese Klagemöglichkeiten für Konzerne gegen Staaten in einem Vertrag mit Pakistan quasi erfunden hat, ist mit seinen gut 140 Abkommen dieser Art nicht immer gut gefahren. Das Beispiel des Energieriesen Vattenfall, der vom deutschen Steuerzahler Entschädigung wegen des Atomausstiegs verlangt, ist das bekannteste Beispiel.

Wenn nun Investitionsschutzklauseln in das Freihandelsabkommen mit den USA integriert werden, die gute Chancen haben, über kurz oder lang zum neuen Weltstandard zu werden, ist das zu begrüßen. Mehr Demokratie tut dringend Not: Dass ausgebildete Richter und nicht Lobbyisten Urteile fällen, Akteneinsicht und eine Berufung möglich ist, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. In der Realität aber existiert tatsächlich eine Privatjustiz, welche die EU-Staaten anfangs ohne große Debatte auf die transatlantische Freihandelszone übertragen wollten. Es ist das große Verdienst der TTIP-Kritiker, dieses undemokratische System attackiert und letztlich verändert zu haben. Die neuen Vorschläge von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström nehmen viel von dieser Kritik auf und verwandeln die private Hinterzimmer-Rechtsprechung in ein öffentliches, kontrollierbares System. Bei allen Fortschritten bleibt aber auch eine Art Paralleljustiz. Konzerne müssen sich nicht an Gerichte eines Landes wenden, sondern bekommen eine Extrawurst gebraten. Hier prallen die Interessen von Wirtschaft und Wählern weiter unauflöslich aufeinander: Während nicht zuletzt deutsche Firmen beharren, dass sie in den USA bei juristischem Streit ohne weiteren Schutz in die Röhre schauen, ist vielen Bürgern nicht einsichtig, warum zwischen Rechtsstaaten solche Zusatzgerichte notwendig sein sollen. Zumal es Fragen aufwirft, wie sich die internationale Rechtsprechung zur nationalen verhält. Insofern ist Malmströms Vorschlag ein Kompromiss zwischen Ökonomie und Demokratie. Das wird die TTIP-Debatte kaum befrieden können, sie vielleicht eher noch weiter aufheizen.

Quelle: Lausitzer Rundschau (ots)

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