UN-Bericht zu Giftgas-Einsätzen in Syrien: Russlandbeauftragter Erler kritisiert Russland
Archivmeldung vom 01.09.2016
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Freigeschaltet durch André OttDer Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler (SPD), hat scharf die russische Haltung im Streit um Giftgaseinsätze in Syrien kritisiert. Erler sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Für Moskau ist die Profilierung als treuer Freund des verbrecherischen Assad-Regimes offensichtlich wichtiger als das gemeinsame Vorgehen und die Sanktionierung dieses provokativen Vertragsbruchs. Jede Kritik an dieser Haltung ist mehr als berechtigt."
Russland hatte Syrien im UN-Sicherheitsrat zuvor gegen den Vorwurf des Chemiewaffen-Einsatzes in Schutz genommen und Forderungen des Westens nach Sanktionen eine Absage erteilt. Erler betonte dagegen: "Der Befund ist eindeutig." Die UN-Untersuchungskommission habe neun mögliche Fälle untersucht und bei zwei Chlorgaseinsätzen die syrische Regierung klar als Täter erkannt.
Erler betonte, jetzt stehe das Prestige und die Glaubwürdigkeit des UN-Sicherheitsrats auf dem Spiel. Er forderte: "Die Vereinten Nationen sollten entschlossene Sanktionsmaßnahmen vorbereiten, trotz der russischen Vetodrohung." Das Moskauer Spiel auf Zeit dürfe keinen Erfolg haben. Am Ende müsse die russische Führung entscheiden, ob sie in diesem Fall das Risiko einer weiteren internationalen Isolierung eingehe oder nicht.
Angesichts der neuen UN-Berichte zu Chemiewaffen-Einsätzen in Syrien kritisiert auch Amnesty International die Tatenlosigkeit des UN-Sicherheitsrats scharf und fordert, Kriegsverbrechen in der Region endlich mit aller Kraft zu verfolgen. In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag) sagte René Wildangel, Syrien-Experte der Menschenrechtsorganisation: "Es ist enttäuschend, dass der UN-Sicherheitsrat im Syrienkonflikt weiterhin handlungsunfähig ist. Auch nach dem jüngsten nichtöffentlichen UN-Bericht zum Einsatz von Chemiewaffen verhindert Russland, dass Konsequenzen aus den vorgelegten Beweisen gezogen werden."
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mit Sitz in Göttingen fordert von der Bundesregierung, sich angesichts der Giftgas-Angriffe in Syrien für die Ahndung dieser Verbrechen stark zu machen. In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag) sagte GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch: "Deutsche Firmen hatten wesentlichen Anteil daran, dass Diktator Saddam Hussein im Irak Giftgasfabriken aufbauen und die kurdische Stadt Halabja 1988 mit Chemiewaffen bombardieren konnte. Schon deshalb muss die Bundesregierung sich jetzt energisch hinter das UN-Untersuchungsteam stellen." Tausende Zivilisten seien qualvoll gestorben, fügte Zülch hinzu. Der UN-Bericht weise die Verwendung von Giftgas in Syrien nach.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)