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Prominenter Freiheitskämpfer und Symbolfigur für deutsche Afghanistan-Hilfe ist zu den Taliban übergewechselt

Archivmeldung vom 14.01.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.01.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bergstraße in Afghanistan. Bild: Bundeswehr/Stollberg/Martin Sollberg
Bergstraße in Afghanistan. Bild: Bundeswehr/Stollberg/Martin Sollberg

Eine der legendären Figuren aus dem Freiheitskampf der Afghanen und zugleich einer der prominentesten Vermittler deutscher Wiederaufbauhilfe im Raum um Kundus, Dadgul Delawar, hat die Seiten gewechselt . Nach einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" ist Dadgul, über den zahlreiche Medien als Freiheits- und Aufbauheld berichteten, in den Sold der Taliban übergegangen.

Für die deutsche Afghanistan-Helferin Sybille Schnehage, die an der Spitze des vielfach ausgezeichneten Vereins Katachel e.V. - Verein für Humanitäre Hilfe in Afghanistan - steht ist der Frontwechsel Dadguls ein schleichender Prozess gewesen. "Die Taliban gewinnen an Macht und Einfluss, wer Macht hat, will sie auch sichern." So sei Dadgul auf die andere Seite gekommen.

Erst hätten sich die Einmischen "komische Dinge" über Dadgul erzählt. Für einen Talibankommandeur habe er ein Auto, dann ein Haus gekauft. Vor wenigen Monaten besetzte Dadgul Schnehages Haus, suchte Streit, bedrohte Helfer. Dadgul war eine Symbolfigur, nicht nur für Katachel, Er war es auch für die Bundeswehr und für die Soldaten aus der Bundesrepublik, die mit ihm zusammen an den Erfolg ihres Einsatzes für die Menschen geglaubt haben.

Die als Afghanistan-Helferin vielfach ausgezeichnete Sybille Schnehage vom Verein Katachel meinte gegenüber der Zeitung: "So wie es jetzt läuft, sehe ich ziemlich schwarz. Die Sicherheitslage wird schlechter, die Leute verlieren das Vertrauen. Der Hauptgrund für all das: Es gibt einfach keine Arbeitsplätze." Den Zulauf zu den Taliban könne man nur stoppen, wenn man den Menschen eine Arbeitsperspektive gebe. Jedes Jahr komme eine halbe Million junger Leute neu auf den Arbeitsmarkt, fast niemand von denen finde einen Job.

Die Vorsitzende des Hilfsvereins sprach sich für sichtbarere Sicherheitspräsenz der Bundeswehr in Afghanistan, auch an der Seite von Aufbauhelfern, aus. "Die Bundeswehr könnte mir, könnte uns ganz konkret helfen, indem sie meine Sicherheit direkt gewährleistet. Wer heute als Ausländer helfen will, muss selbst für seine Sicherheit sorgen mit starken Bodyguards. Für mich und andere wäre vieles leichter, wenn wir direkten Schutz durch die Soldaten hätten."  Sie sei schon da gewesen, als die Bundeswehr im Großraum Kundus angefangen habe, sich für den zivilen Aufbau zu engagieren. "Mittlerweile hat sich die Bundeswehr zurückgezogen, sie hat selbst ihre eigenen Sicherheitsprobleme. Ich zeige mich als Helferin gern mit Soldaten", betonte Schnehage.

Für die Afghanistan-Hilfe könne es, mit Blick auf die internationale Konferenz von London am 28. Januar, "keinen Neustart" geben. "Man kann doch keinen Neustart machen, wenn man schon so viel hinter sich gebracht hat. Man könnte aber versuchen, die Dinge besser hinzubekommen, glaubwürdiger zu sein. Die Menschen müssen sehen, dass etwas vorangeht, dass Straßen gebaut werden, Arbeitsplätze entstehen." Viele hätten große Erwartungen, hätten ihren Schulabschluss in der Tasche, erhofften sich Arbeit - und es tue sich nichts. "Das ist das Hauptproblem."

Quelle: Leipziger Volkszeitung

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