Magere Bilanz beim Kampf gegen den Hunger
Archivmeldung vom 30.10.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDeutsche Entwicklungshilfeorganisationen stellen der Staatengemeinschaft ein schlechtes Zeugnis für ihre Anstrengungen im Kampf gegen den Hunger in der Welt aus.
Die 1996 auf dem
Welternährungsgipfel in Rom beschlossenen Maßnahmen seien nicht
wirksam, heißt es in der Studie "Magere Bilanz - Deutsche
Hungerpolitik zehn Jahre nach dem Welternährungsgipfel", die "Brot
für die Welt", das Forum Umwelt und Entwicklung, Germanwatch,
Misereor und FIAN Deutschland am 30. Oktober in Berlin vorstellten.
Anlass ist die am selben Tag beginnende Sondersitzung der Welternährungsorganisation FAO in Rom, die die Fortschritte im Kampf gegen den Hunger in den vergangenen zehn Jahren bewerten soll. "Es hat keine Fortschritte gegeben. Anstatt zu sinken, ist die Zahl der Hungernden auf mehr als 850 Millionen gestiegen", betont Bernhard Walter, Ernährungsexperte bei "Brot für die Welt".
Statt Nahrungsmittel gerechter zu verteilen und den Zugang der
Hungernden zu Land, Saatgut und Wasser zu verbessern, sei zu stark
auf Marktliberalisierung und neue Technologien wie die grüne
Gentechnik gesetzt worden. Trotz kritischer Stimmen zu den Vorteilen
der Gentechnik aus dem Entwicklungsministerium investiert das
Forschungsministerium jährlich rund 200 Millionen Euro in die
Gentechnikforschung. Das sei mehr als doppelt so viel wie für
Landwirtschaft und Ernährungssicherung in den Entwicklungsländern
ausgegeben werde, so Walter.
"Paradoxerweise leben die meisten Hungernden in ländlichen Gebieten. Aber sie haben zu wenig Land oder Ressourcen, um ihre Familie zu ernähren und in Würde zu leben", erklärt Walter. Die Kleinbauern könnten sich gentechnisch verändertes (GV) Saatgut nicht leisten. Auch drohe weitere Verschuldung, wenn Kredite und die teuren Lizenzgebühren für das GV-Saatgut nicht bezahlt werden können. Von einer alarmierenden Entwicklung berichtet etwa die indische "Brot für die Welt"-Partnerorganisation Navdanya: Hunderte von Bauern haben sich das Leben genommen, weil sie aufgrund von katastrophalen Ernteausfällen beim Anbau von gentechnisch veränderter Baumwolle immer weiter in die Schuldenfalle geraten sind.
"Die deutsche Regierung muss ihre Entwicklungspolitik ändern",
fordert Michael Windfuhr, "Brot für die Welt"-Menschenrechtsexperte.
Die Entwicklungszusammenarbeit müsse klar auf ländliche Armutsgruppen
und die kleinbäuerliche Landwirtschaft ausgerichtet sein. Dringend
notwendig sei auch die Umgestaltung der Agrarsubventionen in
Deutschland und ein Ende des Liberalisierungsdrucks auf die Märkte
des Südens. "Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren sehr für
das Recht auf Nahrung eingesetzt. Jetzt müssen die Leitlinien, die
bei der FAO für dieses Recht entwickelt wurden, in Handels- und
Entwicklungspolitik umgesetzt werden. Das gilt nicht nur für die
Entwicklungsländer, sondern auch für die deutsche Politik."
Quelle: Pressemitteilung Brot für die Welt