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Russland: ROG verurteilt Überfall auf Zeitungsreporter

Archivmeldung vom 08.11.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.11.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Reporter ohne Grenzen (ROG)
Reporter ohne Grenzen (ROG)

Reporter ohne Grenzen (ROG) ist bestürzt über den brutalen Angriff auf den russischen Zeitungsjournalisten Oleg Kaschin in der Nacht vom 5. auf den 6. November in Moskau. Unbekannte Täter schlugen den Mitarbeiter der Moskauer Tageszeitung "Kommersant" vor seiner Wohnung in der Innenstadt zusammen. Mit gebrochenen Beinen, Fingern und einem gebrochenen Kiefer sowie einer Gehirnerschütterung wurde Kaschin ins Krankenhaus eingeliefert und nach einer Notoperation in künstliches Koma versetzt.

Kaschin gehört zu den "brillantesten und mutigsten Journalisten seiner Generation", sagt ROG-Generalsekretär Jean-François Julliard und fordert eine unabhängige Untersuchung des Verbrechens.

Präsident Dmitri Medwedjew verlangte von den Justizbehörden, die Täter zu finden und zu bestrafen. Der Präsident müsse nun dafür Sorge tragen, dass auf seine Forderung auch Handlungen folgen, so Julliard. "Wir appellieren an die Behörden, alle nötigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, damit die Polizei und die ermittelnden Justizbehörden in der Lage sind, unabhängig zu arbeiten."

In der Russischen Förderation herrsche schon zu lange eine Kultur der Straflosigkeit. In den vergangenen zehn Jahren sei kein einziges Verbrechen gegen Journalisten aufgeklärt worden. Vor einem Monat war der vierte Jahrestag der Ermordung von Anna Politkowskaja. "Wir stellen leider fest, dass die Ermittlungen in diesem Fall nirgendwo hin geführt haben", kritisiert Julliard.

Einem Augenzeugen zufolge handelte es sich bei dem Überfall auf Kaschin um eine geplante Tat. Zwei Männer hätten vor dem Appartmenthaus, in dem Kaschin wohnt, auf den Journalisten gewartet. Die Täter hätten den Journalisten niedergeschlagen, ohne dem Opfer Geld, Dokumente oder andere Wertsachen zu entwenden. Die Moskauer Staatsanwaltschaft kündigte inzwischen an, Ermittlungen wegen versuchten Mordes einzuleiten.

Der Chefredakteur des "Kommersant", Michail Michailin, sieht einen klaren Zusammenhang zwischen dem Überfall und Kaschins journalistischer Tätigkeit. In vielen seiner Artikel widmete sich Kaschin oppositionellen Gruppierungen wie der Jugendorganisation Oborona und der Nationalbolschewistischen Partei (NBP) und recherchierte zu dem Kreml nahestehenden Jugendbewegungen wie Naschi und Molodaja Gwardia. Jüngst berichtete er auch über den Protest gegen die umstrittene Rodung eines Waldstücks im Moskauer Vorort Chimki.

Seit Jahren protestieren Umweltschützer gegen Pläne, einen Teil der Bäume im Chimki-Wald zu fällen, um eine Autobahn zwischen Moskau und St. Petersburg bauen zu können. Im November 2008 wurde bereits der Chefredakteur der in Chimki ansässigen Zeitung "Chimkinskaja Prawda" und Kritiker des Straßenprojekts Michail Beketow brutal überfallen und schwer verletzt. Nach einer langen Zeit im Koma und der Amputation eines Beines ist Beketows Gesundheitszustand noch immer kritisch.

Das russische Medium "Life News" veröffentlichte auf seiner Website www.lifenews.ru ein Video des Überfalls.

Quelle: Reporter ohne Grenzen

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