Kriegsverbrechen in Syrien: Bundesanwaltschaft führt fast 30 Ermittlungsverfahren
Archivmeldung vom 01.06.2017
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Freigeschaltet durch André OttMutmaßliche Kriegsverbrechen in Syrien beschäftigen zunehmend die Bundesanwaltschaft. Seit 2011 hat der Generalbundesanwalt wegen Völkerrechtsverbrechen in Syrien bereits 29 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Sie richten sich gegen insgesamt 38 Täter, die entweder Mitglied der Terrormiliz IS sind oder die zur syrischen Regierung gehören. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor, die der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vorliegt.
Die Zahl steigt kontinuierlich, allein 2016 begannen zwölf Verfahren gegen IS-Mitglieder. Der Generalbundesanwalt rechnet noch in diesem Jahr mit der Eröffnung von mindestens zwei völkerstrafrechtlichen Hauptverfahren zu Syrien. Ermittelt wird etwa, wenn die Opfer deutsche Staatsangehörige sind oder die Täter sich in Deutschland aufhalten. Bislang wurden nach Angaben der Bundesregierung fast 200 Zeugen in Verfahren zu Syrien vernommen.
Täglich kämen neue hinzu. Die Regierung schreibt: "Der Kreis der potenziellen Zeugen in der Bundesrepublik Deutschland ist schon jetzt nicht mehr überschaubar." Häufig sind es Syrer, die Opfer von Folter oder Massakern des IS geworden sind.
Da es sich um Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt, kann gegen die mutmaßlichen Täter auch hierzulande ermittelt werden. Um den Anzeigen nachgehen zu können, stockt der Bundesgerichtshof Personal in seinem Referat für Völkerstrafrecht auf. Während es 2010 dort erst fünf volle Stellen gab, sind es aktuell (Mai 2017) sieben volle Stellen.
Die Grünen-Abgeordnete Katja Keul forderte mehr Personal bei der Bundesanwaltschaft und sagte: "Völkerstrafverbrechen dürfen nicht ungesühnt bleiben - und zwar nirgendwo auf der Welt." Der Generalbundesanwalt habe bereits Anfang des Jahres an die Länder appelliert, Staatsanwälte und Richter an die Bundesanwaltschaft abzuordnen. "Hier ist der Bund dringend auf die Unterstützung der Länder angewiesen", sagte Keul.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)