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Primor: Deutschland muss israelische Politik offener kritisieren

Archivmeldung vom 11.05.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.05.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Flagge Staat Israel
Flagge Staat Israel

Anlässlich des 50. Jahrestags der deutsch-israelischen diplomatischen Beziehungen hat der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, die Deutschen zu offener Kritik an der israelischen Politik aufgefordert. "Zu einer dauerhaften Freundschaft gehört, dass man offen, ehrlich und kritisch miteinander umgeht, doch das fehlt bislang in unserem Dialog", sagte Primor im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Die Deutschen seien wegen des Holocausts noch immer gehemmt und befangen gegenüber Israel und äußerten Kritik deshalb nur verhalten, sagte Primor. Dies drohe zum Nachteil zu werden: "Die deutsch-israelischen Beziehungen sind inzwischen zwar sehr eng und erfolgreich, doch angesichts dieser Entwicklung sind sie nicht langjährig garantiert." Freundschaft müsse sachliche Kritik aushalten können.

Der Diplomat forderte von deutschen Politikern und Medien eine gezielte und differenzierte Kritik an der israelischen Politik, insbesondere mit Blick auf das Verhalten in den besetzten Gebieten und gegenüber den Palästinensern. Er sagte: "Es würde den Israelis nur guttun, die Realität zur Kenntnis zu nehmen und zu verstehen, dass diese Politik weltweit und eben auch im Land der größten Freunde, Deutschland, nicht unterstützt wird."

Angesichts der schwierigen Anfänge der deutsch-israelischen Beziehungen lobte Primor das heutige Verhältnis der beiden Länder und ihrer Menschen zueinander. "Laut Umfragen sehen Zweidrittel der Israelis Deutschland als das sympathischste Land weltweit an", sagte er. "Das ist eine erstaunliche Entwicklung, bedenkt man, dass in den 1950er-Jahren so gut wie kein Israeli etwas mit einem Deutschen zu tun haben wollte."

Gauck warnt vor wachsendem Antisemitismus in Europa

Bundespräsident Joachim Gauck zeigt sich besorgt über den wachsenden Antisemitismus in Europa. "Die antisemitischen Ressentiments und antijüdischen Aggressionen in Teilen Europas bereiten mir natürlich sehr große Sorge. Auch in Deutschland haben wir bei Demonstrationen im letzten Jahr einen teils als Kritik an Israel verbrämten, teils offenen Antisemitismus erlebt: Neben einem `traditionellen` Antisemitismus sehen wir uns verstärkt mit Antisemitismus aus Zuwandererfamilien konfrontiert", sagte Gauck in einem Interview mit "Bild" und der israelischen Zeitung "Yedioth Ahronoth".

Der Bundespräsident appellierte an die Bürger, Antisemitismus offen entgegenzutreten. "Hier ist ein jeder von uns in jedem Moment gefordert, deutlich zu sagen: Wir wollen keinen Antisemitismus und wir dulden ihn in Deutschland nicht."

Der Bundespräsident betonte, die Erinnerung an die Schoah dürfe "niemals verblassen". Zugleich würdigte er die Beziehungen Deutschlands zu Israel, die "enger denn je" seien. Der Bundespräsident sagte "Bild" und "Yedioth Ahronoth", er wünsche den Menschen in Israel, "dass ihr Land künftig sicher und in Frieden mit seinen Nachbarn leben kann. Dazu gehört für mich auch, einen friedlichen Weg für das Zusammenleben mit den Palästinensern zu finden. Grundlage dafür ist eine Zwei-Staaten-Lösung, davon bin ich überzeugt. Für unsere beiden Länder, für Deutschland und Israel, wünsche ich mir, dass wir das zwischen uns Gewachsene in die Zukunft tragen."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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