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Staatsrechtler sehen Karlsruhe wegen ESM-Entscheid in schwieriger Lage

Archivmeldung vom 10.09.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.09.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bundesverfassungsgericht, Karlsruhe Bild: Tobias Helfrich
Bundesverfassungsgericht, Karlsruhe Bild: Tobias Helfrich

Mehrere Staatsrechtler sehen das Bundesverfassungsgericht angesichts des am Mittwoch anstehenden Urteils über den Euro-Rettungsschirm ESM in einer schwierigen Lage. "Es steht sehr viel auf dem Spiel", sagte der Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart "Handelsblatt-Online". "Wenn das Gericht die Verträge durchwinkt, gibt es seine Rolle als Hüter des Grundgesetzes und der Demokratie im Integrationsprozess auf, wenn es die Verträge aufhält, nimmt es eine hohe Last der Verantwortung auf sich."

Für Europa stehe letztlich seine demokratische Entwicklung auf dem Spiel. "Der jetzt eingeschlagene Weg der Euro-Rettung würde das jetzige Demokratiedefizit der EU nachhaltig verstärken", ist Degenhart überzeugt. "Es würde für Deutschland ein Automatismus begründet, der die Mitbestimmungsrechte des Parlaments entwerten müsste."

Degenhart ist einer der Prozessbevollmächtigten des Bündnisses "Europa braucht mehr Demokratie", das gegen den ESM klagt. Auch der Staatsrechtler Joachim Wieland von der Verwaltungshochschule Speyer sieht Karlsruhe in einem Dilemma. Für das Bundesverfassungsgericht stehe seine "Autorität in Rechtsfragen der Währungsunion und der Integration Europas auf dem Spiel", sagte Wieland "Handelsblatt-Online". Für Europa gehe es um seine Zukunft als "Union des Friedens, der Freiheit, des Rechts und der sozialen Gerechtigkeit, für Deutschland und den Bundestag die Gewährleistung der Demokratie und der nationalen Haushaltshoheit".

Bei ihrer Urteilsfindung haben die Richter nach Einschätzung der Juristen verschiedene Optionen, die sie in Betracht ziehen können. Der Senat könne die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnen, damit wäre schon der Ausgang des Hauptsacheverfahrens vorweggenommen, sagte Degenhart. Es könne auch Hinweise auf eine verfassungskonforme Auslegung der Verträge geben. Und, so der Leipziger Professor weiter, "es könnte sogar die Bundesregierung verpflichten, nur unter Vorbehalt zu ratifizieren oder aber die Verträge einstweilen zu stoppen" .

Nach Einschätzung des Speyrer Staatsrechtlers Wieland ist es für die Richter "angesichts der politischen Brisanz fast unmöglich", das Inkrafttreten des ESM zu verhindern. "Sie können aber die Bundesregierung verpflichten, bestimmte Auslegungen des Vertragswerks zum Schutz Deutschlands vor einer zusätzlichen Haftungsübernahme gegenüber den Vertragspartnern völkerrechtlich verbindlich zu machen", sagte er. "Sie könnten außerdem aus dem Grundgesetz ableiten, dass Deutschland das Recht zur Kündigung des Fiskalpakts haben muss."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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