Russland dringt vor deutschen Ministerbesuchen auf "Pragmatismus und Vernunft" bei Nord Stream 2
Archivmeldung vom 09.05.2018
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVor dem Treffen von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow an diesem Donnerstag hat der russische Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew, für Verlässlichkeit und Rechtstaatlichkeit beim Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee geworben. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte er, "wir möchten unsere Partner zu Pragmatismus und Vernunft ermahnen". Nord Stream 2 spalte Europa nicht. "Im Gegenteil: Diese Gaspipeline festigt gegenseitig vorteilhafte Beziehungen zwischen Russland und der EU im Energiebereich, gewährleistet die Energiesicherheit Europas, macht uns gemeinsam stärker und näher", erklärte der Botschafter.
Der EU-Kommission und den USA warf der Russe eine unlautere Einmischung vor. "Einzelne EU-Länder scheinen heute bereit zu sein, unter dem Druck aus Washington auf das kostspieligere amerikanische LNG als eine Alternative zum russischen Erdgas umzusteigen", sagte Netschajew. Dieses "Streben nach Hegemonie" der USA auf dem europäischen Energiemarkt geschehe nicht unerwartet. "Dennoch sind wir der Auffassung, dass unsere europäischen Partner diese Versuche nicht tolerieren sollten", sagte der Vertreter der Russischen Föderation. "Politische Mittel werden hier zum Zweck eines unfairen Wettbewerbs eingesetzt." Dies geschehe zum Nachteil aller Europäer.
Netschajew betonte, dass die Gründe für Nord Stream 2 allesamt wirtschaftlich sinnvoll und nicht politisch motiviert seien. Trotz der Energiewende steige die Nachfrage nach Gas. Das russische Angebot sei günstiger und wettbewerbsfähiger als LNG. Das ukrainische Netz sei marode, der Förderweg über Nord Stream deutlich kürzer. Außerdem sei der Transport via Ostsee deutlich klimafreundlicher, weil der Ausstoß von Kohlendioxid nur etwa ein Sechstel davon betrage, als wenn das Gas durch die Ukraine geleitet werde. Russland habe seine Energieressourcen "nie als politisches Instrument eingesetzt", erinnerte Netschajew. Diese und andere Bedenken der Gegner seien "haltlos" und teilweise vorgeschoben.
Bei Maas' Antrittsbesuch in Moskau soll es unter anderem um Syrien und die Ostukraine gehen. Die russische Seite kündigte an, auch Nord Stream 2 zum Thema machen zu wollen. Am Sonntag reist Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier Richtung Moskau. Auch hier wird es um Energiezusammenarbeit und den Bau der Pipeline gehen. Mitte Mai treffen sich zudem Bundeskanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident Wladimir Putin in Sotschi.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)