SPD-Wehrexperte Arnold: Afghanistan-Mission vor dem Scheitern - "Nato muss Härte zeigen"
Archivmeldung vom 18.10.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer internationale Afghanistan-Einsatz steht nach Ansicht des verteidigungspolitischen Sprechers der SPD, Rainer Arnold, vor dem Scheitern. Die Nato müsse in der Bekämpfung des Drogenkrieges und der Korruption mehr Härte zeigen. In den Stuttgarter Nachrichten fordert Arnold von der Nato, das Ruder herumzureißen.
"Das Ruder kann nur herumgerissen werden, wenn
in den nächsten Monaten eine konzentrierte Kraftanstrengung gelingt
und die Nato mit einer präzise abgestimmten Strategie geschlossen
vorgeht." Bisher gebe es zu viele unterschiedliche Vorgehensweisen.
"Die Mission ist noch nicht gescheitert, aber sie droht zu
scheitern", warnt Arnold. "Wenn es der Bevölkerung nicht gelingt eine
eigene Zivilgesellschaft aufzubauen, können wir ihnen unsere Werte
nicht aufzwingen."
Die Nato müsse erwägen, ihre Ziele in Afghanistan neu zu
definieren. "Sollte die Gewalt eskalieren, einige Lokalfürsten den
Friedensprozess weiter torpedieren und das Drogenkartell immer größer
werden, muss die Staatengemeinschaft entscheiden, ob sie ihr hehres
Ziel von Demokratie, Menschenrechten, Stabilität und
Wirtschaftsfortschritt in Afghanistan nicht für die eigenen
Sicherheitsinteressen aufgeben muss", so Arnold: "Einen schnellen
einfachen Rückzug kann es jedenfalls nicht geben." Das
Sicherheitsinteresse laute: Afghanistan darf nicht mehr als
Rückzugsort des internationalen Terrorismus dienen. Die Amerikaner
verfolgten in Afghanistan kein anderes Interesse als den
Antiterrorkampf: "Sie wollen die Terroristen bezwingen, aber nicht
den Drogenkrieg und die Korruption - genau da aber muss die Nato
Härte zeigen."
Der zivile Wiederaufbau stehe dagegen auf der Kippe. Vor allem im Süden und Osten wende sich die Bevölkerung von der Isaf-Schutztruppe ab. Arnold: "Es finden zu wenig sichtbare Entwicklungen statt, die die Lebensbedingungen verbessert. Gleichzeitig rekrutieren die Neo-Taliban-Kräfte immer mehr junge Leute, die als Terroristen für 50 Dollar eine Menge tun. Dann ist da die Ungewissheit, ob die Herren von heute noch die Regierenden von morgen sind. Und schließlich trägt das unsensible Vorgehen unser amerikanischen Partner, das wenig Rücksicht auf die Kultur des Landes nimmt, dazu bei, dass sich viele Afghanen abwenden."
Quelle: Pressemitteilung Stuttgarter Nachrichten