Künast verteidigt höhere Milchpreise und kritisiert Agrarförderung der EU
Archivmeldung vom 01.09.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZu den steigenden Preisen für Milchprodukte und damit verbundener Kritik an der Agrarpolitik der EU schreibt die Fraktionsvorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen und ehemalige Verbraucherschutzministerin Renate Künast in einem Beitrag für den Tagesspiegel am Sonntag:
Die 1984 EU-weit eingeführte Milchquotenregelung hat ein
wichtiges Ziel erreicht: Butterberge, Milchseen und die hohen,
steuerfinanzierten Lagerkosten für diese Überschussprodukte wurden
abgebaut. Weniger Erfolg hatte die Quote bei ihrer Aufgabe, den
bäuerlichen Milchviehbetrieben ein ausreichendes Einkommen zu
sichern. Seit Jahren wirtschaften Milchbauern in Deutschland nicht
mehr kostendeckend, weil der ausgezahlte Milchpreis zu niedrig ist.
Steigende Preise für Milchprodukte sind also gerechtfertigt, wenn sie
den Landwirten zugute kommen, denn Landwirte müssen für die
Lebensmittel, die sie uns liefern, fair entlohnt werden." Wer heute
einen möglichst schnellen Ausstieg aus dem Quotensystem verlange,
dürfe nicht vergessen, dass sich damit der Milchauszahlungspreis für
die Landwirte deutlich verschlechtern und damit vor allem die
bäuerliche Milchviehwirtschaft in den Mittelgebirgsregionen
geschädigt würde, wo sie aber auch für den Tourismus eine große
Bedeutung habe. Nicht nur die Diskussion um steigende
Lebensmittelpreise bei gleichzeitig hohen Agrarsubventionen mache
deutlich, dass "die heutige Landwirtschaftspolitik nicht geeignet
ist, um die anstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen
bewältigen zu können", schreibt Künast. So finde der Klimaschutz noch
keinerlei Berücksichtigung in der Agrarförderung: "Trotz boomender
Nachfrage nach Bio-Produkten stellen wenige Landwirte auf ökologische
Erzeugung um. Es ist absurd, wenn wir ausgerechnet die
Lebensmittelerzeugung subventionieren, die zwar fit für den
Exportmarkt ist, uns aber hier die von ihr verursachten
Umweltprobleme hinterlässt." Darum müsse der Umbau der
Agrarförderung, wie sie ihn 2003 als Bundesverbraucherschutz- und
Landwirtschaftsministerin begonnen habe, schon in der für 2009
anstehenden Überprüfung, "dem sogenannten Gesundheits-Check der
gemeinsamen Agrarpolitik", fortgesetzt werden. "Die Direktzahlungen
an landwirtschaftliche Betriebe müssen an ökologische und soziale
Kriterien gebunden werden". verlangt Künast in ihrem
Tagesspiegel-Beitrag. "Erbringen Landwirte gesellschaftliche
Leistungen, zum Beispiel beim Erhalt der Kulturlandschaft oder für
das Klima, ist es gerechtfertigt und richtig, wenn sie dafür durch
den Staat belohnt werden. ... Dabei ist die diversifizierte
Landwirtschaft ein wichtiger Ausgangspunkt für die wirtschaftliche
Entwicklung im ländlichen Raum. So fördern wir mit unseren
Steuergeldern eine umwelt-, natur- und tiergerechte Produktion von
Qualitäts-Lebensmitteln, die ihren Preis wert sind."
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel