Putin setzt sich für Samoylow-Station ein
Archivmeldung vom 29.11.2010
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.11.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Manuel SchmidtEr kam, sah und handelte prompt: Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin war bei seinem Besuch der Samoylow-Station Ende August so beeindruckt von der Arbeit der Wissenschaftler im sibirischen Permafrostgebiet, dass er die langjährige deutsch-russische Zusammenarbeit im Lena-Delta tatkräftig unterstützen will. Schon auf der Moskauer Arktis-Konferenz berichtete er von den schwierigen Bedingungen, mit denen sich die Forscher in Nordsibirien herum schlagen müssten und kündigte an, die in seinen Augen marode Station auf Vordermann zu bringen.
Mit einer Reihe von Anordnungen lässt Putin seinen Worten jetzt Taten folgen: Er bat die Duma, finanzielle Mittel in Millionenhöhe für den Bau eines modernen Stationsgebäudes zur Verfügung zu stellen. Die deutschen Forscher wurden bereits aufgefordert, eine Liste mit dringend benötigtem Equipment einzureichen. Zudem soll ein jährlicher Expeditionsfonds für die russischen Teilnehmer der jeweiligen Feldsaison eingerichtet werden. Und bereits im Dezember sollen die Verträge und Pläne für den Bau eines neuen Stationsgebäudes in den entsprechenden russischen Ministerien vorliegen und diskutiert werden.
„Ich habe die ersten Entwürfe für den Ausbau gesehen und bin beeindruckt“, sagt Prof. Dr. Hans-Wolfgang Hubberten, Leiter der Forschungsstelle Potsdam des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft. „Die deutsch-russische Zusammenarbeit ist uns sehr wichtig. Mit unseren russischen Kollegen verbindet uns seit 20 Jahren eine enge Freundschaft und es freut mich, dass wir in Russland als verlässlicher Partner ernst genommen werden“, so Hubberten. Zu Putins Engagement sagt er: „Putin hat erkannt, wie wichtig unsere gemeinsame Arbeit im Lena-Delta ist, wenn wir den Klimawandel besser verstehen wollen.“ Es reiche heute nicht aus, Gletscher, Eisschilde und Meereis zu untersuchen, so Hubberten. „Ein ganz entscheidendes Puzzlestück im weltweiten Klimageschehen ist der Permafrostboden und der ist nirgendwo auf der Welt so verbreitet wie in Russland.“
Insgesamt ist rund ein Viertel der festländischen Gebiete unserer Erde von dauerhaft gefrorenem Boden unterlagert. Im zentralen Nordsibirien weist der Boden sogar 80 bis 90 Prozent Eis auf und kann bis in eine Tiefe von über 1500 Metern gefroren sein. Eine Tatsache, die Wladimir Putin überraschte. Gemeinsam mit Dr. Hanno Meyer bohrte er in den Dauerfrostboden, um eine Probe des Permafrost-Eises zu untersuchen. „Ich sehe zum ersten Mal, dass dort im Boden tatsächlich Eis ist“, so Putin. Was passiert, wenn dieses Eis durch die globale Erwärmung taut, interessiert die Wissenschaftler. Denn im Permafrost lagern gewaltige Mengen Methan, die durch einen weiteren Temperaturanstieg freigesetzt werden könnten - mit weitreichenden Folgen für Umwelt und Zivilisation.
Um diese Prozesse und die Dynamik der Permafrostböden sowie ihren Einfluss auf das Klimageschehen zu verstehen, forschen die deutschen und russischen Wissenschaftler im Lena-Delta nahe der Laptewsee. Eingerahmt von den Mündungsarmen des Flusses Lena befindet sich die vom Alfred-Wegener-Institut betriebene Forschungsstation auf der 2,8 mal 2 Kilometer großen Insel Samoylow. Ursprünglich war sie die logistische Basis des Lena-Delta-Reservates, zusammen mit den Neusibirischen Inseln eines der größten Naturschutzgebiete Russlands. Die Station verfügt über ein 20 Meter langes hölzernes Hauptgebäude und einen Anbau, der 2005 errichtet wurde. Während der Sommermonate dienen Zelte als zusätzliche Unterkünfte. Soeben ist die „Expedition Lena 2010“, die im Juli dieses Jahres gestartet wurde, erfolgreich beendet worden. Insgesamt nahmen 53 Teilnehmer von fünf deutschen und acht russischen Instituten und Universitäten teil. Proben und Ergebnisse werden noch ausgewertet, eines ist aber schon bekannt: 56 Zentimeter sommerliche Auftautiefe - so tief war der Boden in diesem Gebiet noch nie aufgetaut.
Quelle: Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung