Frankreichs Finanzminister Sapin: "Schäuble irrt sich"
Archivmeldung vom 03.08.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIm ersten Interview seit dem Griechenland-Drama um Reformen und Grexit geht Frankreichs Finanzminister Michel Sapin auf Distanz zum Vorschlag Wolfgang Schäubles, das Land solle vorübergehend aus dem Euro ausscheiden. In diesem Punkt gebe es "einen Dissens, einen klaren Dissens", sagte Sapin dem "Handelsblatt". Das deutsch-französische Einvernehmen sei deshalb aber "nicht gebrochen".
Er respektiere die Position Schäubles, die dieser "nicht aus Taktik, sondern aus Überzeugung" eingenommen habe Sapin hebt allerdings gleichzeitig hervor, dass er gemeinsam mit Schäuble die Eurozone stärker integrieren wolle: "Wir müssen die wirtschaftspolitische Governance jetzt stärken." Dafür lägen verschiedene Vorschläge auf dem Tisch. "Wir wollen gemeinsam mit den Deutschen diese Vorschläge konkretisieren." Das solle bis Ende des Jahres geschehen.
Vertragsänderungen, um einen europäischen Finanzminister und ein Budget für die Eurozone einzuführen, seien vor 2017 nicht möglich. Die französischen Sozialisten sollten das zum Gegenstand des Wahlkampfes 2017 machen, um alle Pro-Europäer zu einen Öffentliche Kritik an einer Position des Partners kommt im deutsch-französischen Verhältnis so gut wie nie vor. Umso bemerkenswerter ist es, dass Sapin sich dezidiert mit Schäubles Grexit-Vorschlag auseinandersetzt. "Ich glaube, dass Wolfgang Schäuble sich irrt und sogar in Widerspruch zu seinem tiefen europäischen Willen gerät. Dieser Wille, und das ist auch meiner, besteht in der Stärkung der Eurozone." Das schließe einen vorübergehenden Abschied vom Euro aus: "Wenn Sie zulassen, dass man zeitweilig ausscheren kann, bedeutet das: Jedes andere Land, das sich in Schwierigkeiten befindet, wird sich durch eine Anpassung seiner Währung aus der Affäre ziehen wollen." Doch das Fundament einer Währungsunion sei ja gerade, "dass man nicht durch Manipulationen des Wechselkurses eigene Schwierigkeiten überwindet, sondern durch Strukturreformen, die die Wettbewerbsfähigkeit stärken".
Quelle: dts Nachrichtenagentur