Schulz ruft zu mehr Mut gegen beliebte Menschen und Andersdenkende auf
Archivmeldung vom 05.01.2017
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.01.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDer scheidende Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), hat mehr Mut in der Auseinandersetzung mit sogenannten Rechtspopulisten und EU-Gegnern gefordert. "Wir beobachten, dass die Zerstörer Zulauf haben", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Dies erfordere eine Antwort. Den Parolen der Populisten und Rechtsextremen komme man nicht bei "durch fein ziselierte Argumente.
Auf einen groben Klotz gehört manchmal auch ein grober Keil", sagte er. Allerdings müsse man sich fragen, woher "Wut, Enttäuschung, Verzweiflung" der Wähler von Parteien wie des "Front National" in Frankreich kämen. "Es sind ja nicht nur Leute, denen es schlecht geht. Es sind auch gut situierte Menschen, die Angst haben vor einer ungewissen Zukunft", sagte Schulz. Diese Angst könne man ihnen "nicht durch das Nachahmen verantwortungsloser Parolen nehmen".
Der langjährige Präsident des EU-Parlaments sieht die Sozialdemokratie "gefährdet und herausgefordert wie nie". Gerechtigkeit und Demokratie würden infrage gestellt, die Grundpfeiler der sozialdemokratischen Bewegung angegriffen.
"Die Gerechtigkeit durch die ökonomische Entwicklung und die Demokratie durch die Kollateralschäden, die sich aus diesen Ungleichgewichten ergeben." Die EU sieht Schulz in schlechter Verfassung. Nach dem Brexit-Votum der Briten sei es versäumt worden, die richtigen Weichen zu stellen. Die Entscheidung der Briten, die Union zu verlassen, habe ungenutzte Möglichkeiten einer Vertiefung des Rests der EU geschaffen.
"Wir treten auf der Stelle", beklagte der SPD-Politiker. "Jetzt könnten wir tun, was nötig ist, vor allem für die Eurozone. Aber ich bin eben kein Illusionist, sondern sehe die realen Machtverhältnisse, die das nicht zulassen", sagte er. Auch ohne Änderung der EU-Verträge könne viel zur Stärkung des Euro getan werden.
"Kommission und Parlament wären dabei, aber es scheitert im Rat an den nationalen Regierungen. Die Union ist eben nur so stark, wie die Mitgliedstaaten es ihr erlauben", kritisierte er. Von den Regierungen der EU-Staaten forderte Schulz, sich zur Union zu bekennen.
Die Nationalstaaten hätten über die Jahre immer mehr Befugnisse nach Brüssel übertragen, dies aber den Bürgern nicht erklärt. "Dieselben, die in Brüssel zustimmen, tun dann zu Hause, als seien sie von einer anonymen Macht gezwungen worden. Das ist tödlich", sagte Schulz.
Quelle: dts Nachrichtenagentur