Gesellschaft für bedrohte Völker: Indigene Völker sind die denkbar besten Umweltschützer
Archivmeldung vom 08.08.2019
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Freigeschaltet durch André OttDie Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) appelliert an den Deutschen Bundestag, die Zustimmung zum Freihandelsabkommen der EU mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten an strenge Vorgaben zu knüpfen.
"Von den deutschen Parlamentariern erwarten wir, dass sie dem Mercosur-Vertrag nicht zustimmen, solange er den Menschenrechten der indigenen Bevölkerung Brasiliens, dem Klima- und dem Umweltschutz nicht wirksam Rechnung trägt", sagte GfbV-Direktor Ulrich Delius im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" anlässlich des "Internationalen Tages der indigenen Völker" an diesem Freitag (9. 8.). Delius betonte: "Die EU sollte das Mercosur-Abkommen überdenken, denn die Handelsvorteile für Brasilien begünstigen zum Beispiel den Soja-Anbau und -Export, der direkt zulasten indigener Landrechte erweitert wird."
Von Berlin forderte der GfbV-Direktor weiter: "Außerdem sollte die Bundesregierung ihre Unterstützung der indigenen Völker und deren Rolle als denkbar beste Umweltschützer unterstreichen, indem sie die ILO-Konvention 169 ratifiziert. Diese Konvention ist das stärkste Instrument für indigene Rechte im Rahmen der UN. Ihre Ratifizierung ist Bestandteil des aktuellen Koalitionsvertrags, wurde jedoch noch nicht vollzogen." Delius verwies darauf, dass Indigene ohne eigenes Land mit intakter Natur nicht überleben könnten.
Angesichts der sich beschleunigenden Rodung des Regenwaldes sei "die Bundesregierung aufgerufen, ihren Einfluss auf Brasilien als ihren wichtigsten Partner in Südamerika zur Geltung zu bringen, indem sie die Zusammenarbeit von dem Schutz indigener Gebiete, von Klima- und Umweltschutz und der Wahrung der Menschenrechte der Indigenen abhängig macht", sagte Delius der "NOZ". Über den Entwicklungsetat für Brasilien habe das Bundesentwicklungsministerium "ein wirksames Instrument in der Hand, die bilaterale Zusammenarbeit zu definieren und ausgewählte Projekte für Klimaschutz und erneuerbarer Energie finanziell zu fördern".
Die Situation der Ureinwohner Brasiliens bezeichnete Delius angesichts der jüngsten Entwicklungen als "alarmierend". "Ohne eigenes Land mit intakter Natur können die Indigenen nicht überleben. Die Bolsonaro-Regierung hat es sich zum erklärten Ziel gemacht, auch die letzten Naturrefugien für die wirtschaftliche Ausbeutung durch die Agroindustrie und den Abbau von Rohstoffen zu öffnen", sagte Delius. Damit knüpfe die Regierung "an die Strategie der Militärdiktatur 1964 bis 1985 an, die eine rücksichtslose Erschließung Amazoniens betrieb und auch vor Gewalt gegen die Indigenen nicht zurückschreckte".
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)