Vorwürfe unbegründet: Rechtsanwälte fordern die Freilassung des früheren Justizministers der Ukraine
Archivmeldung vom 27.09.2017
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Freigeschaltet durch André OttDie ukrainische NGO "Ukrainian Rule of Law Institute" (Ukrainisches Institut für Rechtsstaatlichkeit) verlangt im Rechtsfall des früheren Justizministers der Ukraine, Oleksandr Lavrynovych, von den ukrainischen Behörden die Einhaltung der rechtsstaatlichen Vorgaben und der Menschenrechte.
Oleksandr Lavrynovych wurde am 15. September auf Anordnung des Kiewer Amtsgerichts Pechersk festgenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm gewaltsame Machtübernahme vor, während das Gericht den Haftbefehl mit "einer rechtswidrigen Änderung der Verfassungsordnung" begründet hat.
Der Vorwurf bezieht sich auf die Vorkommnisse des Jahres 2010, als das Verfassungsgericht der Ukraine die Verfassung des Jahres 1996 wiedereinsetzte, was zu einer Erweiterung der Machtbefugnisse von Präsident Viktor Yanukovych führte.
Die Anwälte von Lavrynovych haben diese Anklagepunkte als unbegründet zurückgewiesen. Es wird ihm zur Last gelegt, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts öffentlich kundgemacht und in der Folge gemeinsam mit allen anderen Ministerien und Behörden umgesetzt zu haben. Als Begründung für die unverzügliche Verhaftung gab der Staatsanwalt unter anderem an, dass Lavrynovych durch die Weiterleitung von falschen Informationen an die Massenmedien die Öffentlichkeit beeinflussen könnte.
Oleksandr Lavrynovych wird derzeit in einem Untersuchungsgefängnis festgehalten und wartet darauf, gegen seine Verhaftung am 27. September Berufung zu erheben. Für den Fall, dass vor den ukrainischen Gerichten keine Lösung gefunden werden kann, planen die Rechtsanwälte die Anrufung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass in der Rechtsprechung des EGMR das Erfordernis einer Verhaftung regelmäßig verneint wurde, wenn die entsprechende Person nicht in Gewaltverbrechen involviert war und von ihr keine Bedrohung für die Allgemeinheit ausgeht.
Lavrynovych behauptet, dass die Staatsanwaltschaft ihm die Freilassung angeboten haben, wenn er unter Meineid gegen sich selbst, die Gerichte des Verfassungsgerichts und den früheren Präsidenten aussagt.
Die Verfassungsordnung der Ukraine erfuhr seit 1996 wesentliche Veränderungen. Die ursprünglich als Präsidialrepublik gegründete Ukraine wurde 2004 infolge der Orangen Revolution in eine parlamentarisch-präsidiale Republik umgewandelt. Die Befugnisse des damaligen Präsidenten Viktor Yushchenko wurden dadurch wesentlich eingeschränkt und zwischen der Regierung und dem Parlament neu verteilt. Allerdings wurden die Änderungen des Jahres 2004 vom Verfassungsgericht 2010 aufgehoben.
Oleksandr Lavrynovych ist ein angesehener ukrainischer Rechtsanwalt und Akademiker. Er gehörte zu den Aktivisten, die für die Unabhängigkeit der Ukraine im Jahr 1991 gekämpft hatten, und war ein Mitverfasser der ersten ukrainischen Verfassung aus 1996. Er diente in mehreren ukrainischen Regierungen als Justizminister sowie zuvor als erster stellvertretender Vorsitzender des ukrainischen Parlaments.
Quelle: Ukrainian Rule of Law Institute (ots)