Regierung fürchtet US-Sanktionen wegen Nord Stream 2
Archivmeldung vom 12.06.2020
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Freigeschaltet durch André OttDie Bundesregierung fürchtet Sanktionen aus den USA gegen deutsche Behörden und Unternehmen wegen der Ostseepipeline Nord Stream 2. Dies geht aus einem internen Papier des Bundeswirtschaftsministeriums hervor, über das die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" an diesem Wochenende berichten wird.
Das Dokument weist auf einen interfraktionellen Gesetzentwurf hin, den demokratische und Republikanische Senatoren in Washington Anfang Juni in den amerikanischen Gesetzgebungsprozess eingebracht haben. Danach sollen nach Darstellung des Wirtschaftsministeriums "alle Firmen", die im Zusammenhang mit der geplanten Gasleitung Nord Stream 2 "Dienstleistungen, Versicherungen oder bestimmte Nachrüstungsdienste für Verlegeschiffe anbieten", in die geplanten Sanktionen "einbezogen werden".
Weiter heißt es: "Gleiches gilt für Dienstleistungen wie Prüfungen, Inspektionen oder Zertifizierungen, die für den Betrieb von Nord Stream 2 erforderlich sind." Das Wirtschaftsminsterium fürchtet nun, mit dem vorgelegten Gesetzentwurf aus den USA könnte auch "verwaltungstechnisches Handeln von staatlichen Behörden im Zusammenhang mit der Fertigstellung oder dem Betrieb der Pipeline sanktionsrelevant werden". In dem Papier heißt es: "Es wäre ein Novum, wenn sich Sanktionen auch gegen Behörden von (befreundeten) Regierungen oder gar gegen die Regierungen selbst richten."
Auf jeden Fall sei "davon auszugehen, dass die neuen Sanktionsvorschläge deutlich mehr deutsche und europäische Unternehmen zu einem potentiellen Sanktionsziel machen".
Strafmaßnahmen aus den USA gegen andere Länder haben sich bisher immer wieder gegen Vertreter von Firmen und Behörden gerichtet, so die Zeitung. Dabei wurden Konten gesperrt oder Einreiseverbote ausgesprochen. Nord Stream 2 ist ein staatlich kontrolliertes russisches Unternehmen. Es baut derzeit eine Pipeline am Boden der Ostsee, die Erdgas von Russland nach Deutschland transportieren soll. Der Bau ist weit fortgeschritten. Die Bundesregierung unterstützt das Vorhaben, aber viele europäische Staaten sowie Amerika halten es für gefährlich.
Die Kritiker meinen, der Leitungsstrang mache Europa zu abhängig von russischem Gas. Außerdem erlaube er Moskau, die bisherigen Gasleitungen durch Polen und die Ukraine zumindest teilweise abzuschalten. In Kiew wird argumentiert, wenn Russland sein Exportgas nicht mehr durch die Ukraine transportieren müsse, könne es seinen Krieg im Osten des Landes mit noch größerer Rücksichtslosigkeit führen als bisher. In Washington wird das Vorhaben nicht nur von US-Präsident Donald Trump bekämpft, sondern von der Mehrheit beider großer Parteien im Kongress. Erste Sanktionen aus den USA sind schon in Kraft und haben die Fertigstellung verzögert. Allerdings sind deutsche Unternehmen oder Dienststellen bisher nicht getroffen worden.
Quelle: dts Nachrichtenagentur