Kein Verbot von Streubomben in Genf in Sicht
Archivmeldung vom 13.11.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDie grausamen und unmenschlichen Auswirkungen von Streumunition erfordern dringend unser Handeln!" Mit dieser Vorgabe des UN-Generalsekretärs Ban Ki-Moon hatten in der letzten Woche die Genfer Waffenkontrollverhandlungen (CCW) begonnen - und sind nun zu einem denkbar schwachen Ergebnis gelangt.
Während der entscheidenden informellen Gespräche am Rande der Konferenz einigten sich die Vertragsstaaten nach langem Hin und Her auf ein Mandat, das weder auf ein rechtlich bindendes Protokoll zielt noch Zeitvorgaben setzt. Lediglich eine erste Berichtspflicht Ende 2008 wird darin gefordert. Einige Staaten, z.B. die USA, Indien und Pakistan, hatten sich explizit dagegen ausgesprochen, dass die Verhandlungen auf ein Verbot zielen oder dass ihnen ein Zeitlimit gesetzt wird. Russland lehnte zunächst jegliche Verhandlungen ab und ist ausschließlich zu Gesprächen bereit, die Streumunition nicht grundsätzlich in Frage stellen.
Das UN-Mandat zielt nun lediglich darauf, dass ein Vorschlag erarbeitet wird, der "die akuten humanitären Auswirkungen von Streumunition behandelt und dabei sowohl militärische als auch humanitäre Überlegungen beachtet." Diese Vorgabe liegt weit hinter den Vorschlägen der EU-Staaten zurück, die zum großen Teil parallel zu den UN-Verhandlungen am so genannten Oslo-Prozess beteiligt sind.
Der Oslo-Prozess ist eine Initiative, die im Februar dieses Jahres mit einer ersten internationalen Konferenz in Norwegen begonnen hatte - in einem unmittelbaren Dialog zwischen Staatenvertretern und Nicht-staatlichen Organisationen. Diesem Prozess haben sich mittlerweile über 80 Staaten angeschlossen, darunter auch viele betroffene Länder Asiens und des Nahen Ostens. Dass überhaupt nach vielen Versuchen in den letzten Jahren endlich auch in Genf ein Fokus auf Streumunition gelegt wurde, ist sicherlich eine unmittelbare Auswirkung dieses Oslo-Prozesses. Und da die CCW-Verhandlungen nun gezeigt haben, dass ein Verbotsvertrag in Genf nicht in Sicht ist, wird die nächste Konferenz im Rahmen des Oslo-Prozesses, die in Wien vom 4. bis 7. 12. stattfindet, um so entscheidender sein.
Außenminister Steinmeier hatte zu Beginn der Genfer Verhandlungen geäußert: "Wichtigstes Ziel ist der Schutz der besonders in Mitleidenschaft gezogenen Zivilbevölkerung. Gemeinsam mit seinen Partnern in der Europäischen Union strebt Deutschland die Einigung auf ein Verbotsübereinkommen bis spätestens zum Ende des Jahres 2008 an." Angesichts dieses ehrgeizigen Vorhabens, das den Zielsetzungen des Oslo-Prozesses entspricht, dürfte die deutsche Regierung sich nun auf keinen Fall mit den Genfer Ergebnissen zufrieden geben. "Die deutsche Regierung muss zum Wort des Außenministers stehen und den Osloprozess für ein Verbot von Streumunition bedingungslos unterstützen, da die CCW-Verhandlungen dieser Zielsetzung nicht nachkommen", erklärt François De Keersmaeker, Geschäftsführer von Handicap International in Deutschland. Handicap International ist in 60 Staaten der Welt tätig, von denen 15 durch die zahlreichen Blindgängern von Streubomben massiv bedroht sind. "Es geht um diese Länder und die betroffenen Menschen. Gemeinsam mit der internationalen Kampagne gegen Streumunition (Cluster Munition Coalition) sorgen wir dafür, dass bei der Wiener Konferenz - im Gegensatz zu der zu Ende gegangenen in Genf - die humanitären Aspekte wieder im Vordergrund stehen."
Quelle: Pressemitteilung Handicap International