Ermittlungen gegen Sobotka: Muss ÖVP-Fädenzieher wegen Postenschacher zurücktreten?
Archivmeldung vom 30.03.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićLangsam wird es immer schwieriger einen ÖVP-Spitzenpolitiker im Bund zu finden, gegen den nicht ermittelt wird. Nun stehen auch gegen den schwarzen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka brisante Vorwürfe des Amtsmissbrauchs im Raum. Besonders pikant an der Causa: Ausgerechnet derselbe klammerte sich zuletzt an seinen Vorsitz im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur mutmaßlichen Korruption im Dunstkreis seiner Partei. Dies berichtet das Magazin "Wochenblick.at".
Weiter berichtet das Magazin: "Am Mittwoch legte er diesen Posten einstweilig zurück. Die FPÖ will, dass er das dauerhaft tut und fordert darüber hinaus seinen Rücktritt.
Ungereimtheiten bei Polizeiposten-Vergabe vermutet
Wie mehrere Medien übereinstimmend berichten, dreht es sich bei den Vorwürfen um eine Postenbesetzung aus dem Jahr 2017. Damals war Sobotka gerade Innenminister – eine Position, in welcher er sogar eine Liste seiner zahlreichen Interventionen für Parteifreunde geführt haben soll. Hintergrund sind erneut die Chatverläufe, die auf dem Mobiltelefon des früheren, mächtigen Sektionschefs im Innenressort, Michael Kloibmüller auftauchten. Diese zeichneten ein schockierendes Sittenbild im Umfeld des Innenministeriums sowie der niederösterreichischen Landespartei, aus der auch Sobotka stammt.
Die Vorwürfe haben doppelte politische Brisanz: Denn es geht um die Besetzung des Postens der Wiener Vizelandespolizeidirektion. Laut der Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft (WKStA) steht im Raum, dass die ÖVP eine Bewerberin verhindert haben soll, weil diese der SPÖ – dem damaligen Koalitionspartner im Bund – nahestehen soll. Sobotka witterte darunter einen politischen Gefallen für den damaligen Wiener SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig. Er soll sich dann aus “unsachlichen, parteipolitischen Erwägungen” dafür eingesetzt haben, dass stattdessen ein anderer, genehmerer Bewerber den Vorzug bekam. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Sobotka sieht sich im Recht
Sobotka ist felsenfest davon überzeugt, nichts falsch gemacht zu haben. Gegenüber einem Inseratenkaiser-Blatt äußerte er sich bestürzt: „Ich habe 40 Jahre als Politiker die Gesetze nach Punkt und Beistrich befolgt. Auch in diesem Fall.” Außerdem vermutet er hinter den Ermittlungen ein politisches Motiv: “Es ist leider ein Zeichen unserer Zeit, dass der politische Diskurs zunehmend mit juristischen Mitteln geführt wird.” Tatsächlich findet sich in den Chatverläufen auch eine Bitte, sich für die letztlich unterlegene Bewerberin einzusetzen, die er selbst als kompetent einstufte.
Zudem war der letztlich zum Zug gekommene Bewerber im Bericht der unabhängigen Begutachtungskommission erstgereiht. Dennoch bleibt eine schiefe Optik, wie von “ZackZack” thematisierte Chat-Nachrichten nahelegen. Sobotka sah in der möglichen Bestellung der angeblich SPÖ-nahen Kandidatin einen Hebel, um einen Kuhhandel mit Häupl zu vereinbaren. Kloibmüller wägte ab und wandte ein: “A Zeit lang hab ich auch an einen Deal gedacht. Aber wie ich gesehen habe, wir bringen unseren Mann durch, dachte ich, den Sozen zu zeigen, wo der Hammer hängt.”
FPÖ fordert Sobotka-Rücktritt & rasche Neuwahl
Immerhin bekundete Sobotka seine Absicht, zu einer raschen Aufklärung beitragen zu wollen. Als symbolisches Zeichen erklärte er am Mittwoch im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss nach wenigen Minuten, sich als dessen Vorsitzender vertreten zu lassen. Noch vor Kurzem hatte er sich gegen diese Forderung sämtlicher drei Oppositionsparteien gesperrt.
Dass dieser Rückzug nur temporärer Natur ist, stößt dem FPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss, Christian Hafenecker, sauer auf. Man müsse nachdenken, ob Sobotka “nicht nur als U-Ausschuss-Vorsitzender, sondern auch als Präsident des Nationalrates überhaupt noch tragbar ist.” Durch sein Klammern an diese Posten füge der ÖVP-Politiker dem zweithöchsten Amt im Staat erheblichen Schaden zu.
Einen Schritt weiter geht FPÖ-Parteichef Herbert Kickl. Aus seiner Sicht ist das Maß “endgültig voll”. Die ÖVP sei insgesamt als Regierungspartei “keinen einzigen weiteren Tag mehr tragbar.” Den einzigen Ausweg sieht er darin, den Bürger darüber über die Bewertung der ständigen ÖVP-Skandale entscheiden zu lassen: “Genug ist genug! Jetzt müssen so rasch als möglich Neuwahlen stattfinden!”
Quelle: Wochenblick