Abgeordnete Lale Akgün sieht Türkei nicht auf dem Weg zum Gottesstaat
Archivmeldung vom 15.05.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDie Türkei ist nach Ansicht der türkischstämmigen SPD-Bundestagsabgeordneten Lale Akgün nicht auf dem Weg zum islamistischen Gottesstaat. "So sind zwar 99 Prozent der Türken Muslime, aber 91,5 Prozent sind der Meinung, dass man Glaubensunterschieden mit Toleranz begegnen müsse.
85 Prozent
glauben, auch eine Frau ohne Kopftuch könne eine gute Muslimin sein,
und 77 Prozent der Türken halten die Reformen Atatürks für eine große
Errungenschaft", schreibt Akgün in der ZEIT.
Nach ihrer Auffassung ist eine Einteilung der türkischen
Gesellschaft in zwei Lager - Scharia versus Demokratie - verfehlt.
"Diese Blockbildung ist vielmehr ein politisches Instrument und
Totschlagargument der Träger der Staatsideologie, die um ihre Macht
fürchten. Nicht der Laizismus ist in Gefahr, sondern das 85-jährige
Machtmonopol der 'weißen' Türken, sprich der kemalistischen Eliten",
schreibt die SPD-Politikerin. Zu sehen sei "ein letztes Aufbäumen".
Jedoch seien Pluralisierung und Demokratisierung so weit
vorangekommen, "dass sich die Türkinnen und Türken nicht mehr das
Denken verbieten lassen".
Akgün vertritt die Meinung, die enorme Landflucht der vergangenen
Jahrzehnte habe das Land von Grund auf verändert. Die städtischen
kemalistischen "weißen" Türken hätten mit Verachtung auf die vom Land
zugezogenen religiöseren "schwarzen" Türken herabgeblickt. In diesem
Konflikt liegt nach ihrer Überzeugung der Grund für die aktuellen
Spannungen.
Lale Akgün ist Islambeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion.
Quelle: Pressemitteilung DIE ZEIT