Deutsche Geheimdienstmitarbeiter: Es gab kein US-Angebot zur Freilassung von Murat Kurnaz
Archivmeldung vom 15.02.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.02.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie nichtöffentliche Vernehmung dreier deutscher Geheimdienstmitarbeiter durch den BND-Untersuchungsausschuss des Bundestages hat zentrale Vorwürfe der Opposition gegen den heutigen Außenminister und früheren Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier (SPD) erschüttert.
Das geht aus der vorläufigen Fassung des
Vernehmungsprotokolles hervor, das dem in Berlin erscheinenden
Tagesspiegel (Ausgabe vom Freitag) vorliegt. Bislang gab es lediglich
strittige Bewertungen der Sitzung durch Ausschussmitglieder.
Die beiden Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) und der
Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz hatten den in
Guantanamo inhaftierten Bremer Türken Murat Kurnaz im September 2002
in dem Gefangenenlager verhört. Vor dem Ausschuss vertrat keiner der
drei die These, es habe ein US-Angebot zur Freilassung von Kurnaz
gegeben. Zudem wurde durch die Aussagen vor dem Ausschuss deutlich,
dass die Vertreter deutscher Sicherheitsbehörden damals keineswegs
einhellig der Meinung waren, Kurnaz sei ungefährlich. Die Opposition
wirft der früheren rot-grünen Regierung und insbesondere Steinmeier
vor, sie hätten Kurnaz trotz erwiesener Ungefährlichkeit und Unschuld
im Stich gelassen.
Der BND- Delegationsleiter hatte nach der Vernehmung die
Einschätzung formuliert, von Kurnaz gehe "mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit" keine Gefährdung für die Sicherheit
Deutschlands und seiner Verbündeten aus. Der Verfassungsschützer
erklärte dazu: "Dieser Satz war mit mir nicht abgestimmt, und ich
würde ihn sicherlich so niemals formuliert haben." Der
BND-Delegationsleiter selbst gab vor dem Gremium die Einschätzung ab:
"Kurnaz wies die charakteristischen Merkmale einer
Radikalisierungsbiografie auf."
Der Verfassungsschützer verneinte vor dem Gremium entschieden die Frage, ob es ein Angebot der Amerikaner zur Freilassung von Kurnaz gegeben habe. "Nein, das entsprach nicht dem Charakter unserer Reise, zu keinem Zeitpunkt", sagte der Zeuge: "Wir haben mit niemandem gesprochen, der uns ein solches Angebot hätte machen können." Auch der BND-Delegationsleiter sagte, er unterstreiche, "dass es sich hier nicht um ein Angebot handeln konnte". Dazu habe die deutsche Delegation weder das entsprechende Mandat noch die entsprechende Position gehabt.
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel