Grosser: Deutschland muss Israel kritisieren - Henryk M. Broder weist Vorwurf der Kriegsverbrechen zurück
Archivmeldung vom 02.08.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmittjüdische Journalist und Buchautor Henryk M. Broder weist Vorwürfe zurück, Israel begehe im Nahen Osten Kriegsverbrechen. "Kriegsverbrechen setzen den Willen voraus, Regeln zu verletzen. Das tut Israel nicht", sagte er den Stuttgarter Nachrichten.
Der Politologe Alfred Grosser, ebenfalls
jüdischer Abstammung, hatte dagegen in der Zeitung festgestellt.
"Israel begeht Kriegsverbrechen und verletzt ununterbrochen die Würde
der Menschen in Gaza und im Libanon." Der 81-jährige, dessen Familie
1933 vor dem Naziterror nach Frankreich floh, weiter: "Israel
verletzt ganz bewusst das Statut der Nürnberger
Kriegsverbrecherprozesse." Dem hält Broder entgegen: "Auch Grosser
müsste wissen, dass Kriegsverbrechen den Willen voraussetzen, die
Regeln zu verletzen - das tut Israel nicht. Auch die Autorität des
Holocaust-Überlebenden erlaubt es Grosser nicht, so zu reden." So
grauenhaft das Blutbad von Kana sei, so zeige es doch nur, "dass auch
im High-Tech-Zeitalter Unglücke nicht zu verhindern sind", so Broder.
Israel versuche, nur militärische Ziele zu treffen, während die
Hisbollah ausschließlich die Zivilbevölkerung terrorisiere. "Ich kann
akzeptieren, dass die Welt von Israel ein besseres Verhalten erwartet
als von den arabischen Nachbarn; dass sie entsetzt ist, dass eine
westlich geprägte Demokratie zu Kriegsmitteln greift. Aber angesichts
eines Feindes wie der Hisbollah ist dieses Urteil nicht fair." Israel
habe ein unlösbares Problem: "Es hat immer nur die Wahl zwischen
Falsch und Verkehrt."
Der Politikprofessor Alfred Grosser, der Israel auch Verbrechen
gegen die Menschlichkeit vorwirft, fordert Deutschland auf, die
israelische Regierung in aller Deutlichkeit zu kritisieren. "Darf
Deutschland nicht kritisieren, weil es Auschwitz verschuldet hat? Im
Gegenteil: Die Grundwerte der Bundesrepublik verlangen es, gegen die
Verletzung der Würde zu protestieren - egal, wer sie verletzt. Israel
verletzt ununterbrochen die Würde der Menschen in Gaza und im
Libanon." Israel zeige seine Menschenverachtung darin, Bomben auf
unschuldige Menschen zu werfen und Unbeteiligte zu Terroristen zu
stempeln. Israel spreche sich jedes Recht zu, so Grosser - "und kann
sich der amerikanischen Unterstützung um so sicherer sein, als
US-Präsident Bush dasselbe tut".
Quelle: Pressemitteilung Stuttgarter Nachrichten