SPD und Grüne fordern Schuldenschnitt für Zypern
Archivmeldung vom 29.01.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittPolitiker von SPD und Grünen haben sich im Fall des überschuldeten Zyperns für einen Schuldenschnitt unter Beteiligung des Privatsektors ausgesprochen. "In Zypern gelten Bedingungen, die das Heranwachsen eines überdimensionierten Finanzsektors begünstigt haben", sagte der Chefhaushälter der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider "Handelsblatt-Online".
"Wenn das Land und damit auch der dortige Finanzsektor die Solidarität der Eurozone in Anspruch nehmen möchte, müssen die Banken und der gesamte Finanzsektor einen erheblichen Beitrag leisten, um die Kosten gerecht zu verteilen." Es sei deshalb notwendig, die Einbeziehung der Gläubiger bei den zypriotischen Banken durchzusetzen. "Das muss die Bundesregierung sicherstellen."
Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick sagte, Zyperns Schuldenquote würde auf über 180 Prozent ansteigen, wenn es die beim ESM beantragten Milliardenhilfen bekäme. "Eine umfassende Beteiligung des Privatsektors zur Wiederherstellung der Schuldentragfähigkeit, bevor die Hilfen ausgezahlt werden, halte ich deshalb für unerlässlich", sagte Schick "Handelsblatt-Online". Da der zyprische Bankensektor ohnehin völlig überdimensioniert sei und deutlich schrumpfen müsse, sollten die Bank-Gläubiger ihren Beitrag leisten. "Wichtig ist, die Schuldentragfähigkeit über eine Gläubigerbeteiligung der Privaten sicherzustellen, damit am Ende die ESM-Hilfen der europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auch zurückgezahlt werden können", betonte Schick.
Der Grünen-Politiker forderte zudem EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf, ihren Streit um die Systemrelevanz Zyperns zu beenden und sich "besser auf die richtigen Ziele verständigen". Konkret müsse es darum gehen, die Schuldentragfähigkeit des Landes "durch umfassende Gläubigerbeteiligung zu sichern und mittels geeigneter Bedingungen bei der Gewährung von ESM-Hilfen die Rolle Zyperns als Geldwäsche- und Steueroase zu beenden", sagte Schick.
Schneider erklärte, die Bedenken der Bundesregierung zur Systemrelevanz kämen zu spät. "Ich hätte erwartet, dass diese Frage gleich nach der Antragstellung geklärt wird und zwar bevor Verhandlungen über ein Anpassungsprogramm aufgenommen werden", sagte der SPD-Politiker. Weder Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch Schäuble hätten sich seit der Antragstellung von Zypern im Juni letzten Jahres für die Verhandlungen der Troika mit der zypriotischen Regierung interessiert. Die Bundesregierung habe auch keine eigenen Vorstellungen, welche konkreten Ziele mit dem Anpassungsprogramm für das Land erreicht werden sollen. "Deshalb versucht Herr Schäuble sich nun hinter dem Begriff der Systemrelevanz zu verstecken, obwohl bereits ein verhandeltes Anpassungsprogramm vorliegt."
Anlegerschützer: Nicht systemrelevante zyprische Banken fallenlassen
Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) hat die die Euro-Retter davor gewarnt, im Fall des überschuldeten Zyperns den Fehler zu begehen, den Inselstaat über ein Rettungsprogramm zu helfen, seinen maroden Bankensektor zu retten und gleichzeitig die Gläubiger und Inhaber der Banken ungeschoren davonkommen zu lassen. "Hier sollte man zunächst die nicht systemrelevanten Banken fallenlassen, dann die Gläubiger der systemrelevanten Banken, soweit es die gesetzlichen Rahmenbedingungen zulassen, zur Sanierung derer heranziehen, bevor man dann, falls nötig, die systemrelevanten Banken verstaatlicht", sagte SdK-Vorstandsmitglied Daniel Bauer "Handelsblatt-Online". Sollte Zypern dann auf Ebene des Staates noch finanzielle Mittel benötigen, könnten diese unter harten Bedingungen von der Troika bereitgestellt werden. Bauer fügte jedoch auch hinzu: "Ob Zypern und dessen Banken wirklich systemrelevant sind, darf aus unserer Sicht bezweifelt werden." Kritisch sieht Bauer zudem einen möglichen politisch erzwungenen Schuldenschnitt. "Ein Zwangsschuldenschnitt von Anleihen sollte auch im Fall Zypern ausgeschlossen werden", sagte er. "Es steht jedem Emittenten offen, einen freiwilligen Verzicht seiner Gläubiger einzufordern, es darf jedoch nicht wie im Falle Griechenlands einen zwanghaften Verzicht aufgrund von nachträglich abgeänderten Anleihebedingungen geben", betonte der Anlegerschützer.
Quelle: dts Nachrichtenagentur