Brandenburg zahlte deutlich weniger Hilfsgelder für polnische Pendler als behauptet
Archivmeldung vom 20.08.2020
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Freigeschaltet durch André OttDas Land Brandenburg hat deutlich weniger Corona-Hilfsgelder an Grenzpendler ausgezahlt, als von Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) verkündet. Ende Juli hatte Steinbach im Interview mit dem rbb erklärt, dass das Land gut 11,1 Millionen EUR für cirka 7.000 polnische Arbeitspendler ausgegeben hätte, die während der Corona-bedingten Grenzschließung in Brandenburg geblieben seien.
Tatsächlich wurden nach rbb-Informationen bisher nur 6,6 Millionen EUR ausgezahlt. Grundlage dafür waren 6.430 Anträge für Pendler, die bewilligt wurden. Auf Anfrage von rbb24 Recherche erklärte das Ministerium, wie es zu der Differenz zwischen den aktuellen Zahlen und der Aussage von Minister Steinbach kam: "Herr Steinbach hatte versehentlich die beantragte Unterstützung benannt und nicht die bewilligte."
Mitte März hatte das Land Brandenburg an tausende polnische Pendler appelliert, trotz Grenzschließung weiter im Land zu arbeiten. Im Gegenzug wurde eine Aufwandsentschädigung von 65 EUR je Tag angeboten. Die meisten blieben und hatten deswegen zusätzliche Ausgaben für Unterkünfte, Telekommunikation und Essen. Dabei handelte es sich nach rbb-Recherchen um Summen zwischen 1.000 und 2.000 EUR für einzelne Pendler. Die Arbeitgeber sollten die Aufwandsentschädigung vorstrecken und auf Antrag vom Land erstattet bekommen.
Der rbb hatte Ende Juli berichtet, dass polnische Grenzpendler in mehreren Fällen keine Erstattung erhalten hatten, weil ihre Arbeitgeber es wahrscheinlich versäumt hatten, diese abzufordern. Die polnischen Arbeitskräfte konnten die Pauschale nicht selbst beantragen.
Bei der Fachstelle für Migration und Gute Arbeit Brandenburg, die Arbeitskräfte aus Osteuropa berät, meldeten sich bislang 30 Betroffene, die vergeblich versucht hatten, die Aufwandsentschädigung von ihrem Arbeitgeber zu erhalten. Etliche sollen sich stellvertretend für weitere Kolleginnen und Kollegen an die Fachstelle gewendet haben. "Es war eine gute Maßnahme zum richtigen Zeitpunkt", erklärt Beraterin Magdalena Stawiana. "Das Problem war jedoch, dass die Anträge ausschließlich über die Arbeitgeber liefen, sie mussten das vom Land bereitgestellte Geld abrufen."
Inzwischen ist die Antragsfrist abgelaufen. Eine Fristverlängerung, um die Gelder nachträglich zu beantragen, hatte Brandenburgs Wirtschaftsminister Steinbach dem rbb gegenüber ausgeschlossen.
Quelle: Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) (ots)