ROG fordert Schutz für Journalisten im Irak und Aufklärung von Morden
Archivmeldung vom 09.01.2014
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Freigeschaltet durch Doris OppertshäuserReporter ohne Grenzen (ROG) ist äußerst besorgt über die zunehmende Gewalt gegen Journalisten im Irak. Die aktuellen Kämpfe mit der Organisation Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIS) in der irakischen Provinz Al-Anbar lenken den Blick auf eine Dschihadistengruppe, die in jüngster Zeit immer unverhohlener gegen Medienschaffende vorgegangen ist. Doch auch in anderen Teilen Iraks häufen sich Morde und Angriffe auf Journalisten. 2013 zählte ROG insgesamt mindestens elf Fälle, in denen im Irak Journalisten oder Medienmitarbeiter wegen ihrer Arbeit getötet wurden.
"Die irakische Regierung steht in der Pflicht zu garantieren, dass Journalisten ohne Angst um Leib und Leben ihrer Arbeit nachgehen können", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Dass nur die wenigsten dieser Morde und Angriffe aufgeklärt und bestraft werden, trägt zu einem Klima zunehmender Einschüchterung bei."
In einer im Internet veröffentlichen Erklärung bekannte sich ISIS zuletzt zu einem Selbstmordanschlag auf den Sitz von Salaheddin TV in Tikrit, bei dem kurz vor Weihnachten fünf Mitarbeiter des Fernsehsenders starben (http://bit.ly/1hwNNNS). Die Erklärung nannte Einzelheiten zum Ablauf der Tat und begründete die Wahl des Angriffsziels damit, dass der Sender Lügen verbreitet und ein verzerrtes Bild der Sunniten im Irak gezeichnet habe. Salaheddin TV ist der größte Sender in der gleichnamigen Provinz und befindet sich im Besitz der dortigen Regionalregierung.
Ende Dezember wurde in Ramadi, der Provinzhauptstadt von Al-Anbar, irakischen Medien zufolge der Journalist Omar al-Dulaimi getötet, der für eine lokale Nachrichtenagentur arbeitete. Offenbar schoss ihm ein Scharfschütze in den Kopf, als er über Gefechte in der ISIS-Hochburg berichten wollte (http://bit.ly/1aa4mHC).
In der nordirakischen Stadt Mossul wurden seit Anfang Oktober mindestens fünf Journalisten wegen ihrer Arbeit ermordet. Das jüngste Opfer dieser Mordserie war die Fernsehmoderatorin Nauras al-Nuaimi, die Mitte Dezember in der Nähe ihrer Wohnung von Unbekannten erschossen wurde (http://bit.ly/JIr6ru). Obwohl Mossul seit längerer Zeit eine Todesliste mit den Namen von 44 Journalisten kursierte, unternahmen die Behörden nichts zum Schutz der Betroffenen. In einem Brief an Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat Reporter ohne Grenzen die irakische Regierung mittlerweile aufgefordert, die Sicherheit der bedrohten Journalisten zu garantieren und alle verfügbaren Mittel für eine ernsthafte und unabhängige Untersuchung der Morde bereitzustellen (http://bit.ly/1cPLqxI).
Auch vor den autonomen Kurdengebieten im Nordirak macht die Gewalt nicht halt. Dort wurde Anfang Dezember Kawa Germijani erschossen, der für das Magazin Rajal und die Zeitung Awene über Korruption und Vetternwirtschaft recherchiert hatte. Die Behörden wussten seit langem von Drohungen gegen ihn, gegen die Germijani sogar mehrmals gerichtlich vorgegangen war (http://bit.ly/1cCmdtR). Sicherheitskreisen zufolge wurde am Dienstag ein hochrangiger Regionalpolitiker als Verdächtiger in diesem Mordfall verhaftet, wie ein irakisches Nachrichtenportal berichtete (http://bit.ly/1a1BZP3).
Die Dschihadisten von ISIS sind in den vergangenen Monaten auch im Norden des Nachbarlandes Syrien als zunehmende Bedrohung für Journalisten aufgefallen (http://bit.ly/1dgSCcc). Dort verbot und verbrannte die Gruppe etwa "gottlose" Veröffentlichungen, überfiel Redaktionen und entführte zahlreiche syrische und ausländische Journalisten. Allein bei einem Überfall auf die Redaktion des Radiosenders Fresh FM und auf ein Medienbüro der Lokalregierung in der Kleinstadt Kafranbel verschleppten ISIS-Kämpfer am 28. Dezember kurzzeitig sechs Bürgerjournalisten (http://bit.ly/1hwNNNS).
Im Zuge der Kämpfe von Rebellengruppen gegen ISIS in den vergangenen Tagen kamen mehrere entführte Journalisten frei (http://bit.ly/1eHa4nk). Andere sollen Anfang dieser Woche in einem ISIS-Gefängnis in Aleppo hingerichtet worden sein (http://aje.me/1a3boOx). Derzeit sind nach ROG-Informationen noch 16 ausländische Journalisten und mehr als 30 syrische Bürgerjournalisten in Syrien entführt oder in Haft.
Der Irak steht auf Platz 150, Syrien auf Platz 176 von 179 Ländern in der ROG-Rangliste der Pressefreiheit. Aktuelle Meldungen zur Lage der Journalisten und Medien dort finden Sie unter http://en.rsf.org/iraq.html beziehungsweise unter http://en.rsf.org/syria.html.
Quelle: Reporter ohne Grenzen e.V. (ots)