SZ-Journalist Hans Leyendecker rechnet mit neuen Abhör-Enthüllungen: "Briten sind am skrupellosesten und härtesten"
Archivmeldung vom 01.11.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittInvestigativ-Journalist Hans Leyendecker ist der Überzeugung, dass die Enthüllungen über die Abhör-Praxis des amerikanischen Geheimdienstes NSA noch von Veröffentlichungen über die Praktiken britischer Stellen übertroffen werden könnten. "Das interessanteste Material ist das britische. Die Briten sind am skrupellosesten und härtesten", erklärte Leyendecker in der Sendung phoenix Runde.
Edward Snowden solle sich 50.000 Seiten über die Briten gesichert haben. Es sei denkbar, dass dieser Fundus auch irgendwann an die Öffentlichkeit gerate. Snowden eröffne im Übrigen einen völlig neuen Blick auf die Realität. "Wir können von ihm eine Menge lernen." Ergebnis der vergangenen Monate sei, dass keine Daten mehr wirklich sicher seien. "Bei der Wirtschaftsspionage etwa müssen wir alles das, was wir zu wissen glaubten, wieder auf Null stellen. Alle Informationen sind vogelfrei", meinte der Journalist der Süddeutschen Zeitung.
Die Vereinigten Staaten seien nach dem 11. September von einer terroristischen Panik besessen. "Dabei sterben mehr Amerikaner durch herab fallende Fernseher als durch Terrorismus." Seit dem Angriff auf New York und Washington 2001 könne in den USA mit der Forderung nach Sicherheit offenbar jede Späh-Maßnahme begründet werden. "Wir erleben Geheimdienste, die außer Rand und Band sind und die überhaupt nicht mehr kontrolliert werden", so Leyendecker.
Der ehemalige Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Hans-Georg Wieck, bekundete, es bis vor wenigen Wochen nicht für möglich gehalten zu haben, dass Staatschefs von den USA abgehört werden könnten. "Dass das Handy der Kanzlerin abgehört wurde, hat mich wirklich überrascht. Ich habe in meiner Zeit nie einen Auftrag der Bundesregierung erhalten, befreundete Staaten abzuhören", so Wieck. Derzeit sei das amerikanische Ansehen in der Welt schwer belastet. Deutschland müsse seiner Meinung nach mehr in die Nachrichtendienste investieren, um von ausländischen Diensten unabhängiger zu werden.
Quelle: PHOENIX (ots)