BBC World Service Studie: 5042 Tote im November als Folge globaler dschihadistisch motivierter Gewalt
Archivmeldung vom 11.12.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIm November 2014 kamen bei 664 dschihadistischen Angriffen in 14 Ländern insgesamt 5042 Menschen ums Leben. Die Gesamtzahl wurde erstmals in einer Studie des BBC World Service in Zusammenarbeit mit dem ICSR festgehalten.
Die im November 2014 erfassten Daten haben gezeigt, dass durchschnittlich weltweit 22 Angriffe und 168 Tote auf jihadistisch motivierte Gewalt zurückzuführen sind.
Am Sonntag, 2. November wurden bei 41 Angriffen 410 Menschen getötet. Die Mehrzahl der Opfer waren Bürger (2080), dicht gefolgt von einer großen Zahl an Militärpersonal (1723).
Insgesamt bekannten sich 16 dschihadistische Gruppen zu den Angriffen bzw. wurden als Täter identifiziert. Am brutalsten ging der Islamische Staat vor. Mit 308 Angriffen bzw. 2206 Toten im Irak und in Syrien war er für 44% der Todesopfer verantwortlich.
Die am schlimmsten betroffenen Länder waren Irak, Nigeria, Syrien und Afghanistan – mit 80% der Todesopfer (4031). Der Irak hatte mit 1770 bzw. über einem Drittel der Gesamtzahl (35%) die meisten Toten zu beklagen. Dort wurden mit 233 auch die meisten Angriffe verübt.
Dahinter folgt Nigeria mit 786 Toten bei nur 27 Übergriffen, u. a. den verheerenden Bombenanschlägen von Boko Haram. Boko Haram verübte weitaus weniger Angriffe – 30 im Monat – dafür kamen dabei mehr Menschen ums Leben, 801 in Nigeria und Kamerun. 151 Übergriffe, bei denen 720 Menschen starben, werden der Taliban zugeschrieben.
In Afghanistan führten 152 Angriffe zu 782 Toten; dahinter Syrien mit 693 Toten bei 110 Angriffen. Bei rund 37 Angriffen im Jemen starben 410 Menschen.
Insgesamt starben die meisten Opfer (1653 Menschen), durch 241 Bombenattentate. Allein beim Bombenattentat auf die Große Moschee in Kano, Nigeria am 28. November kamen 120 Menschen ums Leben.
Bei bewaffneten Übergriffen starben mindestens weitere 1574 Menschen; 666 bei Überfällen aus dem Hinterhalt, bei denen es oftmals zu Schießereien kam. Rund 426 Menschen wurden hingerichtet, darunter 50 Berichten zufolge enthauptet. 34 der Enthauptungen fanden in Syrien statt, 12 im Jemen und vier in Libyen.
Peter Neumann, Direktor des International Centre for the Study of Radicalisation (ICSR) am Kings College in London: „Unsere Daten zeigen vor allem die beträchtlich hohe Zahl an Todesopfern, die der Dschihadismus fordert. In nur einem Monat wurden 5042 Menschen durch dschihadistische Terrorgruppen getötet. Das entspricht drei Angriffen vom Ausmaß der Terroranschläge in London vom Juli 2005 – jeden Tag. Die Daten verdeutlichen, dass Dschihadisten und al-Qaida nicht mehr ein und derselben Gruppe angehören. 60 Prozent der Dschihadisten-Morde wurden von Gruppierungen verübt, die offiziell keine Verbindung zu al-Qaida haben. Sie sind diejenigen, die um die Führung der Bewegung kämpfen. Als Gesamtbild ergibt sich eine immer ambitioniertere, komplexere, kompliziertere und sehr weitreichende Bewegung. Obwohl sich nur schwer Vergleiche ziehen lassen, so scheint es doch offensichtlich, dass die dschihadistische Bewegung – von der man noch vor drei Jahren dachte, sie stünde vor einem vollständigen Niedergang –stärker ist denn je. Sie zu bekämpfen wird eine Herausforderung über mehrere Generationen sein.“
Andrew Whitehead, Editor, BBC World Service News: „Wöchentlich, täglich machen dschihadistische Terrorakte im Irak, Nigeria, Syrien, Somalia, Afghanistan oder anderswo Schlagzeilen. Mit dieser Initiative wollen wir mehr über die Auswirkungen dieser Gruppen herausfinden, die im Namen des Dschihad morden. Wo sind sie aktiv? Wie hoch ist die Zahl der Todesopfer? Wie finanzieren sie sich? Die BBC ist mit ihrer internationalen Reichweite und Büros auf allen Kontinenten besser aufgestellt als jede andere Nachrichtenorganisation, um eine solche Aufgabe bewältigen zu können. Gemeinsam mit dem International Centre for the Study of Radicalisation am King’s College in London und Organisationen der Zivilgesellschaft wollen wir, dass unsere Umfrage so umfassend wie möglich ist.”
Berichte zu den erfassten Daten sendet der Radiosender BBC World Service sowie der Fernsehsender BBC World News am 11. und 12. Dezember. Weitere Informationen finden Sie auf bbc.co.uk/news.
Die Ergebnisse dieser Studie wurden im November 2014 vom BBC World Service in Zusammenarbeit mit dem International Centre for the Study of Radicalisation (ICSR), am King’s College in London erfasst. Ziel des Projekts war eine Schätzung des Ausmaßes und der geografischen Verbreitung von berichteten Todesfällen, verursacht durch dschihadistische Gruppen, Netzwerke und Einzelpersonen. Es handelt sich hierbei nicht um einen Bericht bzw. eine Untersuchung von Einzelfällen. Bei der Konzeptualisierung und Ausführung des Projekts machten die Forscher Gebrauch von den umfangreichen Ressourcen der BBC (u. a. BBC Monitoring) sowie ihrer Erfahrung mit Auslands- und Konfliktberichterstattung. Zudem suchten sie fachmännische und analytische Unterstützung bei ICSR-Direktor Peter Neumann, der als Berater bei der methodischen Gestaltung maßgeblich beigetragen hat. Ferner holten wir uns Unterstützung bei anderen akademischen Experten aus den Bereichen Konflikt- und Terrorstudien, Dschihadismus und Islamwissenschaft, sowie Wissenschaftler, die mit der Zusammenstellung von Methoden zur Datenerfassung in Konfliktzonen vertraut sind. Neben den Vorfällen, die in den Medien berichtet wurden, nutzte diese Studie Daten vom Syrian Network for Human Rights , Violations Documentation Centre,Iraq Body Count,ACLED und dem South Asia Terrorism Portal.
Quelle: Huss-PR-Consult