Deutschland versucht weiter "gute" Streumunition zu schützen
Archivmeldung vom 22.02.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.02.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAuf der heute zu Ende gegangenen Wellingtoner Konferenz im Rahmen des Oslo-Prozesses zum Verbot von Streumunition unterzeichneten 83 Staaten die "Declaration of the Wellington Conference on Cluster Munitions".
Mehr als drei Viertel aller anwesenden Länder haben damit den Grundsatz eines Totalverbotes, ohne Ausnahmen und ohne Übergangsfrist, klar unterstützt. Weitere, der ca. 140 "Oslo-Staaten", werden hinzukommen um damit auch ihre Teilnahme an den entscheidenden Vertragsverhandlungen in Dublin im Mai dieses Jahres zu ermöglichen.
Auch Deutschland unterzeichnete die Deklaration, beklagte aber gleichzeitig, dass der Vertragsentwurf der Konvention zum Verbot von Streumunition im Laufe der Verhandlungen keine Veränderungen erfuhr und dass dies ein negatives Zeichen sei, besonders für die Länder, die am meisten unter Streumunition leiden. Die Unterzeichnung der Deklaration durch Deutschland solle aber nicht als Politikwechsel der Bundesregierung verstanden werden, so die deutsche Delegation.
"Es grenzt an Zynismus, sich als Anwalt derjenigen Länder zu präsentieren, die unter dem Einsatz von Streumunition leiden, und gleichzeitig alles zu unternehmen ein umfassendes Verbot von Streumunition zu verhindern", betont Thomas Küchenmeister vom Aktionsbündnis Landmine.de, einem Zusammenschluss von 17 deutschen Nichtregierungsorganisationen. "Wir sind sehr froh, dass es gelungen ist, den Vertragsentwurf vor Verwässerungen zu schützen", so Küchenmeister.
An der Konferenz nahmen 41 der 76 Staaten teil, die Streumunition in ihrem Rüstungsarsenalen haben. An der Spitze einer "like-minded-Group", die sich aus 13 zumeist Hersteller- und Anwenderstaaten von Streumunition zusammensetzt, versucht Deutschland Ausnahmeregelungen für bestimmte Streumunition zu erreichen. Dies besonders für Streuminen, alternative Flächenmunition (SEFAM), kinetische Waffen, elektromagnetische Waffensysteme, "zuverlässige" Artilleriemunition mit angeblich geringer Fehlerquote und Waffensysteme, die Streumunition in kleineren Mengen freisetzen. Zudem soll sichergestellt werden, dass die Konvention auch zukünftige gemeinsame militärische Operationen zulässt, bei denen Streumunition eingesetzt wird.
"Wer solche Ausnahmen will, stellt (der Rüstungsindustrie) für alle Zukunft einen völkerrechtlichen Freibrief für ganze Kategorien von (neuen) Waffensystemen aus, über deren Wirkweise noch überhaupt nichts bekannt ist, was eindeutig nicht im Interesse unbeteiligter ziviler Opfer sein kann, " gibt Küchenmeister zu Bedenken. "Es wundert uns nicht, dass die deutsche Rüstungsindustrie die Politik der Bundesregierung ausdrücklich unterstützt", so Küchenmeister mit Verweis auf ein Statement eines Mitgliedes des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundtages, nachzulesen auf der Website www.abgeordnetenwatch.de.
"Die
Bundesregierung hat die Gelegenheit der Wellingtoner Konferenz leider
nicht genutzt, den angekündigten Abrüstungswillen in Bezug auf
Streumunition in die Tat umzusetzen", kritisiert auch François de
Keersmaeker von Handicap International und fordert neue
parlamentarische Initiativen noch vor der entscheidenden Konferenz in
Dublin im Mai diesen Jahres. "Die Abgeordneten der Regierungsparteien
sind jetzt verpflichtet einen Politikwechsel einzuläuten", fordert de
Keersmaeker.
Quelle: Aktionsbündnis Landmine.de