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Ein Jahr nach Beginn der arabischen Revolten: Bilanz der Verstöße gegen Medienfreiheit

Archivmeldung vom 06.12.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.12.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
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Mit der Selbstverbrennung des Gemüsehändlers Mohamed Bouazizi in der zentraltunesischen Stadt Sidi Bouzid begann am 17. Dezember 2010 der so genannte arabische Frühling. Fast ein Jahr später zieht Reporter ohne Grenzen (ROG) eine Bilanz der Repressionen gegen Medienschaffende und der Zensur seit Beginn der Revolten in sechs arabischen Ländern: Tunesien, Ägypten, Libyen, Bahrein, Syrien und Jemen.

"Journalisten, insbesondere Fotografen, haben einen hohen Tribut gezahlt", heißt es in dem 15-seitigen Bericht. Mindestens elf Medienmitarbeiter sind getötet worden, rund 240 Journalisten wurden körperlich angegriffen und rund 200 Journalisten und Blogger festgenommen, zahlreiche weitere wurden entführt, des Landes verwiesen oder sind aus ihrer Heimat geflüchtet. Die meisten Opfer waren einheimische Medienmitarbeiter.

Mit der Studie erstellt ROG eine Chronologie der Ereignisse für den Zeitraum vom 17. Dezember 2010 bis Mitte November 2011. Dabei werden die vielfältigen Methoden, Formen und das Ausmaß der Unterdrückung einer unabhängigen Berichterstattung und Meinungsbildung beschrieben: Von Gewalttaten gegen Reporter über die Ausweisung von Journalisten aus dem Land bis hin zu Störungen des Mobilfunknetzes. Darüber hinaus werden die Herausforderungen auf dem Weg zu mehr Pressefreiheit und Medienvielfalt benannt.

Tunesien

Die besten Chancen für die Entstehung einer stabilen freien Presselandschaft bietet zur Zeit die Situation in Tunesien: Öffentliche und private Medien konnten weitgehend reibungslos über die Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung Ende Oktober berichten - wenn auch zwölf Radiostationen nach Monaten des Wartens erst rund eine Woche vor der Wahl eine Lizenz erhielten. Das neu eröffnete ROG-Büro in Tunis wird den weiteren Reformprozess im Mediensektor genau verfolgen.

Ägypten

In Ägypten hat sich die Situation in den vergangenen Monaten wieder verschärft: Zahlreiche Journalisten und Blogger, die Kritik an den gewalttätigen Ausschreitungen und Repressionen von Teilen der Armee und der Militärpolizei übten, sind juristisch verfolgt worden. Daneben dokumentierte ROG mehrere zensorische Eingriffe bei Fernsehkanälen. Bei der jüngsten Welle der Gewalt in der Zeit vom 19. bis zum 28. November dokumentierte ROG weitere 44 Fälle von Gewalt gegen Medienmitarbeiter.

Libyen

In Libyen ist es nach wie vor schwierig, eine präzise Bilanz zu erstellen: Mindestens vier ausländische und ein einheimischer Medienvertreter sind getötet worden. Ungeklärt bleibt etwa, ob bei dem Nato-Angriff auf die Zentrale des libyschen staatlichen Fernsehens am 30. Juli 2011 in Tripolis, wie vom Sender behauptet, drei Journalisten starben und 21 weitere verletzt wurden. Derweil sind neue Medien in der Entstehung begriffen. Bis Ende Juli 2011 registrierten sich bereits mehr als 130 Printpublikationen beim Nationalen Übergangsrat. Für die Entwicklung einer stabilen freien Medienlandschaft ist Libyen auf internationale Hilfe angewiesen.

Bahrain

Die bahrainische Regierung hat die Proteste im Land erstickt. Von den einst mehr als 30 festgenommenen Reportern sind derzeit noch ein Journalist und ein Blogger im Gefängnis. Die Regierung versucht aber auch auf anderen Wegen, Kritiker mundtot zu machen: So zählt ROG 40 erzwungene Rücktritte von Medienmitarbeitern und eine Reihe von juristischen Verfahren gegen Journalisten.

Syrien

In Syrien bleibt die Situation dramatisch: Mehr als 80 Journalisten wurden bislang festgenommen, etwa 25 sind noch im Gefängnis. Zahlreiche Journalisten und Blogger sind in die Türkei und in den Libanon geflüchtet. Mit wenigen Ausnahmen lässt das Regime keine ausländischen Berichterstatter mehr ins Land. Gleichzeitig haben Desinformationskampagnen und Manipulationsversuche der Regierung im Internet stark zugenommen. So hat die Cyberarmee der Regierung der Protestbewegung nahestehende Websites, mit pro-Assad-Kommentaren überschwemmt. Zahlreiche Twitter-Accounts wurden geschaffen, um eigene Botschaften zu versenden. Auf oppositionellen Seiten wurden Aufrufe zu Gewalt gepostet, um die Aufständischen zu diskreditieren.

Jemen

Mit mindestens drei getöteten Journalisten und mehr als 70 attackierten Journalisten fällt auch die Bilanz im Jemen dramatisch aus. Die der Regierung nahe stehenden Milizen haben auf den Straßen gezielt auf Medienvertreter Jagd gemacht. Die Verbreitung unabhängiger und oppositioneller Zeitungen wurde systematisch unterbunden, deren Websites gesperrt.

Quelle: Reporter ohne Grenzen e.V.

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