Natascha Kampusch hatte die Hoffnung aufgegeben
Archivmeldung vom 07.09.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Entführungsopfer Natascha Kampusch hat während ihrer acht Jahre langen Gefangenschaft die Hoffnung aufgegeben, je wieder gefunden zu werden. "Ich war überzeugt, dass niemand mehr je nach mir suchen wird und ich daher auch niemals wieder gefunden werde", sagte Kampusch in einem Gespräch mit der in Essen erscheinenden Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) und dem österreichischen Magazin NEWS.
"Es war sehr frustrierend für mich,
als ich erfuhr, dass die Leute nach mir jetzt mit dem Bagger in
Schotterteichen suchen. Sie haben meine Leiche gesucht", berichtete
Kampusch. "Ich war verzweifelt, als ich das Gefühl hatte, dass ich,
als Lebende, bereits abgeschrieben bin. Das war Hoffnungslosigkeit."
Sie habe sich in ihrem Verlies immer wieder gefragt, warum gerade
sie entführt wurde. "Ich hatte immer den Gedanken: Ich bin sicher
nicht auf die Welt gekommen, dass ich mich einsperren und mein Leben
vollkommen ruinieren lasse. Ich bin verzweifelt an dieser
Ungerechtigkeit. Ich habe mich immer gefühlt wie ein armes Hendl in
einer Legebatterie. Es war zum Verzweifeln."
Ihre Flucht sei nicht spontan, sondern geplant gewesen. "Schon mit
zwölf oder ungefähr diesem Alter habe ich davon geträumt, mit 15 -
oder irgendwann einmal, wenn ich stark genug bin dazu - aus meinem
Gefängnis auszubrechen", sagte Kampusch. Sie habe auf den richtigen
Zeitpunkt gehofft. "Ich konnte aber nichts riskieren, am wenigsten
einen Fluchtversuch. Er litt sehr stark unter Paranoia und war
chronisch misstrauisch. Ein Fehlversuch hätte die Gefahr bedeutet,
nie mehr wieder aus meinem Verlies herauszukommen."
Kampusch sagte über sich selbst: " Ich bin sehr freiheitsliebend.
Ich bin durchdrungen vom Gedanken der Freiheit." Nun plane sie
Projekte für Menschen, denen ein ähnliches Schicksal widerfahren sei.
"Eines für Frauen in Mexiko, die vom Arbeitsplatz weg verschleppt,
entführt, brutalst gefoltert und vergewaltigt werden. Dafür möchte
ich mich einsetzen, dass das nie wieder passiert. Und ich möchte den
Hungernden in Afrika helfen, weil ich nun aus eigener Erfahrung weiß,
was Hunger ist. Und wie sehr er die Menschen entwürdigt. Wir lutschen
fettfreie Zuckerln, aber die Leute dort verhungern. Das Wichtigste
aber: Ich möchte allen denen helfen, denen das passiert, was mir
passiert ist."
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung