Euro-Gipfel: Banken sollen mehr zur Griechenland-Hilfe beitragen
Archivmeldung vom 22.10.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Euro-Länder wollen die Banken deutlich mehr an der Griechenland-Hilfe beteiligen. Das erklärte Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker am Samstag in Brüssel vor Beratungen der EU-Finanzminister. "Wir haben uns darauf verständigt, dass es eine erhebliche Anhebung des von den Banken zu übernehmenden Beitrags geben muss", so Juncker. Im Juni war ein Schuldenschnitt von 21 Prozent vereinbart worden, in jüngsten Medienberichten ist nun von 50 bis 60 Prozent die Rede.
Juncker selbst wollte keine konkrete Zahl nennen. Am Freitagabend hatten sich die Euro-Finanzminister auf eine Auszahlung weiterer Notkredite für Griechenland geeinigt. Am Samstag beraten in Brüssel die Finanzminister aller 27 EU-Staaten. Am Sonntag kommen dann die Staats- und Regierungschefs zu Beratungen über die Eurokrise zusammen.
CDU will Sparkommissar für Schuldenländer
Die CDU will offenbar deutlich stärker bei EU-Staaten eingreifen, die ihre Schulden nicht mehr bewältigen können. Das sieht nach Informationen von DerWesten.de ein Leitantrag für den CDU-Parteitag Mitte November vor. Demnach solle jedem Schuldenland ein Sparkommissar mit weitgehenden "Durchgriffsrechten" zur Seite gestellt werden. Den Europäischen Stabilitätsmechanismus will die CDU "zu einem europäischen Währungsfonds" entwickeln. Die CDU will sich für eine entsprechende Änderung der EU-Verträge einsetzen.
Bankenpräsident fordert Schuldenschnitt für Griechenland
Der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Andreas Schmitz, fordert für Griechenland einen "Schuldenschnitt von mindestens 50 Prozent". Im Gegenzug müsse die Eigenkapitalbasis der Banken gestärkt werden, sagte Schmitz der "Rheinischen Post". "Die europäischen Banken, die dadurch viel Geld verlieren und dann zu wenig Kapital haben, müssen frisches Geld bekommen. Aber bitte nicht mit der Gießkanne, sondern nur da, wo es nötig ist." Mittelfristig würden die Rettungsmaßnahmen der europäischen Regierungen für schwächelnde Banken und Euro-Staaten zwar nicht zu mehr Inflation führen, sagte Schmitz. "Aber langfristig droht die Gefahr schon, weil einfach zu viel Liquidität im Raum ist." Von der Politik forderte der Bankenpräsident bei der Euro-Krise mehr Führung. "Der Politik fehlt eindeutig Entscheidungskraft. Europa braucht mehr politische Führung. Irgendwann muss man sich entscheiden, was man will", sagte Schmitz.
Bundesbank-Präsident warnt vor massiver Ausweitung des Euro-Rettungsschirms
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnt zum jetzigen Zeitpunkt vor einer massiven Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF. "Die Krise wird nicht durch eine ständige Vergrößerung der Rettungsschirme gelöst werden", sagte Weidmann unmittelbar vor Beginn des EU-Krisengipfels in Brüssel der "Bild am Sonntag". Weidmann verwies darauf, dass mit der in der Euro-Gruppe diskutierten Versicherungslösung, die die Garantiesumme des Rettungsfonds vervielfachen soll, höhere Risiken für den deutschen Steuerzahler verbunden sind: "Mit der Größe des Hebels steigt selbstverständlich das Risiko. Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie weit es trägt, wenn im Euro-Raum die Mitgliedsstaaten weiterhin eine eigenständige Politik betreiben, aber die Risiken daraus zunehmend vergemeinschaftet werden."
Noch kritischer sieht der Bundesbank-Chef die französische Forderung, den Euro-Rettungsschirm EFSF mit einer Banklizenz, also unbegrenzten Mitteln, auszustatten: "Das wäre eine Staatsfinanzierung über die Notenpresse und damit aus meiner Sicht ein fataler Weg. Er ist deshalb aus guten Gründen durch die EU-Verträge untersagt." Weidmann warnte vor einer Unterordnung der Notenbank unter die Finanzpolitik. Dann "könnte sie ihren Auftrag, die Geldwertstabilität sicherzustellen und für eine niedrige Inflation zu sorgen, nicht mehr erfüllen".
Nach den Worten Weidmanns müssen die Regierungen der Euro-Staaten "jetzt eine klare Richtungsentscheidung treffen, wie es mit der Währungsunion weitergehen soll". Er sehe zwei grundsätzlich gangbare Wege: "Einmal eine politische Union mit Durchgriffsrechten der europäischen Ebene auf nationale Haushalte. Das ist allerdings ein langer und mühsamer Prozess, der weit reichende Vertrags- und Verfassungsänderungen erfordert. Die Mitgliedsstaaten müssen dann bereit sein, Teile ihrer nationalen Souveränität aufzugeben. Der andere Weg besteht in einer Stärkung der Währungsunion, wie sie ursprünglich gedacht war."
Quelle: dts Nachrichtenagentur