Cap-Anamur-Kapitän zu Fall Rackete: Da läuft ein politischer Prozess
Archivmeldung vom 02.07.2019
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Freigeschaltet durch André OttIm Fall der in Italien festgenommenen Kapitänin der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch, Carola Rackete, fordert Stefan Schmidt, Zuwanderungsbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein, den politischen Druck hoch zu halten. "Wie damals bei uns läuft da ein politischer Prozess", sagte er im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Schmidt weiter: "Uns hat sehr geholfen, dass uns schon in der Haft Vertreter des EU-Parlaments besucht und sich für uns eingesetzt haben." Schmidt hatte 2004 als Kapitän der "Cap Anamur" 37 Schiffbrüchige an Bord genommen und mit ihnen trotz Verbots den sizilianischen Hafen Porto Empedocle angelaufen. Dafür war er von einem italienischen Gericht wegen Schleusung angeklagt und erst 2009 freigesprochen worden. Eine Woche lang hatte Schmidt im Gefängnis gesessen. "Die Behörden haben uns extra in ein Gefängnis mit Dieben und Mördern gesteckt, weil sie uns schlecht behandeln wollten. Aber die Häftlinge haben uns gefeiert."
Mit einer schnellen Freilassung Racketes rechnet Schmidt, der seit 2011 ehrenamtlicher Beauftragter für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen für das Land Schleswig-Holstein ist, aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen nicht: "Ich habe schlechte Erfahrungen mit den italienischen Behörden gemacht. Damals hieß der Regierungschef Silvio Berlusconi - und der war schon schlimm." Er fürchte jedoch, dass der heutige Innenminister Matteo Salvini noch schlimmer sei: "Für den sind Flüchtlinge Menschenfleisch." Zudem sei es "vielleicht eher hinderlich", dass es mit ihm schon einmal so einen Fall gegeben habe: "Ich hoffe es nicht, aber ich fürchte, dass Carola noch mehr Schwierigkeiten bekommen könnte als ich damals."
Auf die Frage, ob er wütend sei, sagte Schmidt: "Ja, natürlich. Gerade weil sich Geschichte so wiederholen muss. Wenn ich nicht so ein friedliebender Mensch, sondern der Kaiser von Deutschland wäre, würde ich am liebsten mit den maritimen Gebirgsjägern in Italien einreiten."
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)