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"Report Mainz" Bundeswehr zieht mit Besenstielen ins Manöver

Archivmeldung vom 17.02.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.02.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Deutsche Soldaten mit dem Sturmgewehr G36 in Bosnien
Deutsche Soldaten mit dem Sturmgewehr G36 in Bosnien

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Nach Recherchen der ARD-Politikmagazine "Kontraste" und "Report Mainz" hat der deutsche Gefechtsverband in der NATO-Eingreiftruppe, Nato Response Force (NRF), große Mängel in der Ausstattung. Der NRF-Verband stellt unter anderem das Panzergrenadierbataillon 371 aus Marienberg in Sachsen. Deutschland trägt als "Rahmennation" in diesem Jahr besondere Verantwortung in der NRF.

Aus einem internen Bericht eines Inspizienten der Bundeswehr, der den ARD-Politikmagazinen vorliegt, geht hervor, dass sich Soldaten des Gefechtsverbandes über das "Nichtvorhandensein von Ausrüstungsgegenständen (Fahrzeuge, Waffen, etc.)" beklagen. Es gebe beim Nachtsichtgerät Lucie ein "Fehl von 76 Prozent", bei den Waffen P8 fehlten "41 Prozent" und beim Maschinengewehr MG3 fehlten "31 Prozent". Besonders problematisch: Für das Gefechtsfahrzeug GTK BOXER ist die vorgesehene Bewaffnung sogar zu "100 Prozent" nicht vorhanden. Der Bericht kommt zu dem Fazit: "Wenn das Material nicht verfügbar sei, könne auch der NRF-Auftrag [... ] nicht erfüllt werden."

Ein brisanter Vorfall vor wenigen Monaten bei einer multinationalen Nato-Übung "Noble Ledger" in Norwegen sollte deswegen wohl verschwiegen werden. In dem "Kontraste" und "Report Mainz" vorliegenden Bericht wird geschildert, "dass während der Übung [...] in Norwegen das Rohr an der Waffenanlage des GTK BOXER mit schwarz angestrichenem Besenstiel simuliert wurde, da keine Rohre für die Waffenanlage verfügbar waren." Das Problem sei auch noch nicht gelöst: "Bis zum heutigen Tag verfügt der Verband über keine Rohre für die Waffenanlage [...]."

Nach Informationen von "Kontraste" und "Report Mainz" erfolgte die Order, dass der Bericht nicht an die Presse gelangen dürfe, vor allem nicht der Besenstieleinsatz. Im Interview mit den beiden Politikmagazinen erklärt der Gründer der Nato Response Force und General a. D. Harald Kujat: "Ich habe so etwas noch nicht erlebt, das muss ich ganz ehrlich sagen. Aber für die betroffenen Soldaten ist das natürlich eine Situation, die an Peinlichkeit nicht zu überbieten ist. [...] Dieser Verband soll innerhalb von kürzester Zeit an jedem beliebigen Ort, wo eine Gefahr für Mitgliedsstaaten auftreten kann, in Einsatz kommen und wenn das nicht gewährleistet ist, dann ist das sowohl für die Nato aber auch für die Bundesrepublik Deutschland eine enorme Blamage."

Der Bericht widerspricht dem Bild, das das Bundesverteidigungsministerium nach außen vermittelt. Trotz konkreter Fragen zu den Ausstattungsmängeln von "Kontraste" und "Report Mainz" äußert sich das Ministerium nicht, betont aber: Der Verband sei zertifiziert und einsatzbereit. Den ARD-Politikmagazinen gegenüber kritisiert der General a. D. Harald Kujat: "Ich kann es wirklich nicht erklären, wie erstens, wie man einen solchen Verband zertifizieren kann und zweitens, wie man aus deutscher Sicht jetzt sagen kann, wir übernehmen Verantwortung, ab einem bestimmten Zeitpunkt, und wir sind darauf vorbereitet, dieser Verantwortung gerecht zu werden."

Nach Aussage des Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour (B'90/Die Grünen) sei auch der Verteidigungsausschuss des Bundestages nicht über die Ausrüstungsmängel des NRF-Gefechtsverbandes informiert worden: "Wenn die Bundesregierung die ganze Zeit den Eindruck erweckt, dass es keinerlei Probleme gäbe mit schneller Verlegbarkeit und gleichzeitig die Ausrüstungsmängel so gravierend sind, dass das doch nicht der Fall ist, dann hat die Bundesregierung dem Parlament nicht die Wahrheit gesagt."

Quelle: SWR - Das Erste (ots)

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