Kurz und Blümel: Ein halbes Jahr voll heimlicher Signal-Chats (und niemand wird sie finden)
Archivmeldung vom 20.10.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićEs war als Todesstoß für die Glaubwürdigkeit der Schmid-Aussagen gedacht. Doch jetzt könnte sein Telefonmitschnitt den Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz tiefer in die Korruptionsaffäre reiten, als ihm lieb ist. Der Ex-ÖVP-Chef fertigte die Aufnahme bei einem Gespräch mit seinem einstigen Intimus und Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid an. Dies berichtet das Magazin "Wochenblick.at".
Weiter berichtet das Magazin: "Dass das Telefonat auf dem sicheren Nachrichtendienst “Signal” vonstatten ging, birgt zusätzliche Brisanz. Denn Kurz & Blümel konnten dort ein halbes Jahr ungestört mauscheln. Für alle Betroffenen gilt die Unschuldsvermutung.
Signal-Telefonat nur Schein-Verteidigung
Am Mittwochabend begab sich Kurz’ Anwalt Werner Suppan in das ZiB2-Studio und stand ORF-Moderator Martin Thür zur Causa Rede und Antwort. Dabei stellte der Journalist auch die Frage, ob Schmid vielleicht im Telefonat etwas vorsichtiger war, weil er damit rechnen musste, abgehört zu werden. Dem versucht Suppan damit zu entgegnen, dass dieses Gespräch am 18. Oktober 2021 über den Messenger-Dienst “Signal” geschah. Damit spielte er darauf an, dass die heimischen Behörden lediglich Telefone anzapfen können, aber nicht sichere Kommunikationsmethoden.
Nun wirft der Mitschnitt aber weitere Fragen auf. Denn wie Wochenblick bereits Anfang April 2021 dokumentierte, meldeten sich Kurz & sein Ex-Finanzminister Gernot Blümel schon kurz nach Bekanntwerden der Schmid-Chatprotokolle auf “Signal” an. Dort werden Nachrichten automatisch verschlüsselt, sie können auch einseitig spurlos gelöscht werden. Zudem gibt es einen Selbstzerstörungs-Modus, den man aktivieren kann. Dabei stehen Zeitspannen zwischen 30 Sekunden und 4 Wochen zur Auswahl. Länger als einen Monat bleiben Nachrichten bei Aktivierung dieser Funktion auf keinen Fall nachverfolgbar.
Ein halbes Jahr ungestörte Tuscheleien
Diese Option ist besonders vor dem Hintergrund brisant, dass Suppan fast gebetsmühlenartig beteuerte, dass es keine Nachweise für die Behauptungen Schmids gebe. Auch Kurz selbst äußerte sich auf Facebook in diese Richtung: “Obwohl von Thomas Schmid bekanntlich jeder Lebensbereich in Chatnachrichten voll dokumentiert ist, sind interessanterweise genau zu diesen Anschuldigungen, die er jetzt gegen mich erhebt, keine einzigen Nachweise zu finden.” Ist es ein Seitenhieb auf die schlüpfrige “Beidlgate”-Affäre – oder wiegt sich der Kanzler voreilig in Sicherheit?
Jedenfalls hatten Kurz und Blümel ein halbes Jahr lang Gelegenheit, sich auf einem sicheren Nachrichtendienst mit Selbstlösch-Funktion über Strategien und Posten auszutauschen. Es handelt sich um den Zeitraum, in dem Schmid als ÖBAG-Chef zurücktrat, ehe kurz darauf hochrangige ÖVP-Politiker unter Wahrheitspflicht im Untersuchungsausschuss aussagen mussten. Auch die Razzien im Kanzleramt und in der Parteizentrale liegen zwischen dem Umstieg und dem vermeintlich entlastenden Mitschnitt.
Praktisch: Plaudern Blümel und Kurz nicht von sich aus, so ist ihre geheime Kommunikation nicht zu eruieren. Oder wie Gaby Schwarz (ÖVP) in einer skurrilen Pressekonferenz, die mutmaßlich zu einer Daten-Lösch-Orgie anstiften sollte, anlässlich von ÖVP-Hausdurchsuchungen erklärte: “Es ist nichts mehr da!”
Vor dem Umstieg auf verschlüsselte Kommunikation verschaffte
das Schmid-Handy tiefe Einblicke in die “devote Liebe” der türkisen
Buberlpartie: (Link)
Signal-Nachrichten nahezu “unhackbar”
Selbst ohne Selbstzerstörungs-Chat wäre es fast unmöglich, ihnen auf die Schliche zu kommen. Der Messenger-Dienst “Signal” mag zwar aufgrund seiner beschränkten Funktionalität weiter ein Nischendasein fristen – er gilt zugleich als besonders sicher. Dies bescheinigte erst im August das renommierte Cybersicherheits-Unternehmen “Kaspersky”. Es erinnerte daran, dass selbst hochprofessionelle Hacker, als sie sich unlängst erfolgreich Zugang zu 1.900 Signal-Accounts verschafften, weder die Chats noch die Kontaktlisten der betroffenen Personen einzusehen vermochten."
Quelle: Wochenblick