Grüne fordern Neuverhandlung des EU-Türkei-Flüchtlingsabkommens
Archivmeldung vom 24.06.2020
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Freigeschaltet durch André OttDie flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Luise Amtsberg, hat die Bundesregierung aufgefordert, die deutsche EU-Ratspräsidentschaft für eine Neuverhandlung des EU-Türkei-Deals zu nutzen. "Diese Vereinbarung, wie wir sie jetzt haben, ist eine schlechte. Sie setzt die ganze EU unter Druck", sagte Amtsberg in der Sendung "Frühstart" der RTL/n-tv-Redaktion.
Deshalb müsse sie abgeschafft und ersetzt werden. Man brauche eine Kooperation mit dem türkischen Präsidenten Erdogan und müsse sein Land unterstützen, gute Bedingungen für Flüchtlinge zu schaffen. Das sei aber nur ein Teil der Lösung.
"Der zweite ist, dass auch Europa aufnehmen muss und Menschen hier dauerhaft eine Zukunft bieten muss."
Bei der geplanten Reform des EU-Asylsystems während der deutschen Ratspräsidentschaft sieht Amtsberg die Vorschläge von Innenminister Horst Seehofer (CSU) kritisch. Sein Plan, schon an den EU-Außengrenzen zu überprüfen, ob Flüchtlinge asylberechtigt seien, sei mit europäischem Recht nicht vereinbar. Wenn Deutschland nur bereit sei, Menschen mit guter Bleibeperspektive aufzunehmen, müssten Menschen ohne Bleibeperspektive in Lagern zum Beispiel in Griechenland bleiben.
"Wenn man so versucht, eine europäische Solidarität zum Ausdruck zu bringen und gemeinsam Lösungen zu finden, dann wird das natürlich scheitern."
Amtsberg zeigte sich offen für Zentren in der ganzen EU, von denen aus Flüchtlinge verteilt werden könnten. Man müsse eine Verteilungsquote einführen. Natürlich würden Staaten wie Ungarn ein Problem damit haben, sich darauf zu verständigen. "Wenn es nicht gelingt, mit diesen Staaten ein Einvernehmen herzustellen, dann muss man eben mit den Staaten der Willigen vorangehen. Der andere Weg wäre der, den wir jetzt haben - und der funktioniert ja nicht." Die Zusage der Bundesregierung, 243 weitere, minderjährige Flüchtlinge von den griechischen Inseln nach Deutschland zu holen, begrüßte die Grünen-Politikern. Aber: "Es ist natürlich viel zu wenig und es fehlt die grundsätzliche Lösung." Wenn man jedes Mal erneut diskutiere über eine Handvoll von Menschen, dann werde man diese Situation an den Außengrenzen niemals in den Griff bekommen. Außerdem müssten Resettlement-Programme nicht nur fortgeführt, sondern auch zahlenmäßig ausgeweitet werden.
Quelle: dts Nachrichtenagentur