Corona-Krise: EU-Politiker pochen auf längere Brexit-Übergangsfrist
Archivmeldung vom 19.03.2020
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Freigeschaltet durch André OttNachdem mit Blick auf die Ausbreitung des Coronavirus eine für Mittwoch geplante zweite Verhandlungsrunde zwischen der EU und Großbritannien über die künftigen Beziehungen abgesagt werden musste, dringen EU-Politiker wegen der Corona-Krise auf eine längere Übergangsfrist beim Brexit.
Eine Verlängerung der eigentlich bis Jahresende laufenden Übergangsfrist sollte "unter den gegebenen Umständen erneut sorgfältig in London geprüft werden", sagte der Brexit-Beauftragte des EU-Parlaments, David McAllister (CDU) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben).
Die Corona-Pandemie erschwere den ohnehin schon sehr ambitionierten Zeitplan. "Auf europäischer Seite waren und sind wir bereit, die Übergangsphase bis maximal Ende 2022 zu verlängern", so der CDU-Politiker weiter.
Auch die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley (SPD), drängte auf einen solchen Schritt: In der aktuellen Krisenlage seien persönliche Gespräche über ein Abkommen unmöglich, sagte sie. Es werde sich zeigen, ob ein Weiterverhandeln per Videokonferenz gelingen könne, doch müssten ohnehin aktuell alle Anstrengungen darauf abzielen, die Corona-Pandemie koordiniert zu bekämpfen. "Ein immer noch drohender harter Brexit mit chaotischen Zuständen und wirtschaftlichen Einbußen ist zum jetzigen Zeitpunkt eine unnötige Belastung für beide Seiten. Deshalb sollte die Übergangsphase frühzeitig verlängert werden", so die Vizepräsidentin des EU-Parlaments weiter.
Der Linken-Europaabgeordnete Martin Schirdewan, der der Brexit-Koordinierungsgruppe des Parlaments angehört, sagte , die bisherige Befristung der Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2020 sei ohnehin "völlig unrealistisch" gewesen, nun mache die Corona-Pandemie die Einhaltung noch fragwürdiger, wenn nicht gänzlich unmöglich. Eine Verlängerung sei "unausweichlich", sonst drohe zum Jahresende ein "harter Brexit", so der Linken-Europaabgeordnete weiter. Beim Brexit sollte es nicht darum gehen, "irgendwelche Zeitpläne einzuhalten", sondern die schlimmsten Folgen für die Bürger abzuwenden, sagte Schirdewan den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Für den Mittwoch war eine zweite Verhandlungsrunde in London geplant, bei der die Unterhändler von EU-Kommission und britischer Regierung erstmals über konkrete Entwürfe für ein neues Handelsabkommen reden wollten. Wegen der Corona-Pandemie war das Treffen abgesagt worden. Neue Termine stehen nicht fest. Der Zeitdruck ist aber enorm. Am 31. Dezember läuft die Frist aus, in der sich trotz des britischen EU-Austritts noch wenig in den Beziehungen zur Union ändert:
Großbritannien hält weiter die EU-Regeln ein, gehört weiter dem Binnenmarkt an und zahlt auch weiter in den EU-Haushalt ein.
Um eine Ratifizierung der geplanten Abkommen für die Zeit ab 2021 zu ermöglichen, müssten die Verhandlungen spätestens im Oktober oder Anfang November abgeschlossen werden. Schon im Juni will der britische Premierminister Boris Johnson entscheiden, ob die Verhandlungen Aussicht auf Erfolg haben oder von London abgebrochen werden. Bis Ende Juni müsste die britische Regierung entscheiden, ob sie bei der EU eine Verlängerung der Übergangsfrist beantragt. Johnson lehnt das bisher aber strikt ab.
Quelle: dts Nachrichtenagentur