Flüchtlingsproblem: Tunesien sperrt seinen Küstenstreifen
Archivmeldung vom 15.02.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie tunesische Übergangsregierung hat auf die Massenflucht über das Mittelmeer nach Italien mit der weitestgehenden Absperrung seines Küstenstreifens reagiert. Dies berichtet die staatliche Nachrichtenagentur TAP am Montag. Vor allem Perspektivlosigkeit hat in den vergangenen Tagen tausende junge Menschen dazu bewogen Tunesien zu verlassen und nach Italien zu flüchten.
Anlaufstelle Nummer eins ist die mittlerweile völlig überlaufene Insel Lampedusa, die reichlich hundert Kilometer vor der tunesischen Küste liegt, aber bereits italienisches Territorium darstellt. Italien reagierte am Samstag mit der Ausrufung des "humanitären Notstandes" auf der Insel und organisierte den Weitertransport der Flüchtlinge in Auffanglager auf Sizilien und dem italienischen Festland. Der italienische Außenminister Franco Frattini ist am Montag nach Tunis gereist um sich mit dem Interimspräsidenten Ghannouchi zu treffen, wobei das Flüchtlingsthema angesprochen werden soll.
Indes haben sich italienische Pläne, eigene Polizisten in Tunesien zu stationieren, als unrealistisch erwiesen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plädierte dafür "Probleme in den Heimatländern zu lösen", wobei eine schnelle Lösung kaum zu realisieren sein werde. Die EU hat die Region bislang weder in langfristige politische, ökonomische oder ökologische Pläne eingebunden, noch glaubhafte Perspektiven vermittelt. Darüber hinaus klagen Menschenrechtsorganisationen Italien massiv für seine Kooperation mit dem libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi an. Berichten zufolge würden Flüchtlinge geschlagen, misshandelt und unter widrigen Bedingungen eingesperrt werden, sobald die libysche Küstenwache ihrer habhaft wird.
Grünen-Chef Özdemir offen für Aufnahme von Flüchtlingen aus Nordafrika
Der Parteichef der Grünen, Cem Özdemir, zeigt sich offen für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Nordafrika. "Der Norden darf den Süden dabei nicht alleine lassen", sagte er der "Rheinischen Post" (Dienstagausgabe). Die zuständige EU-Kommissarin Malmström und die EU-Innenminister müssten sich umgehend zusammensetzen und zu einer "fairen Lastenverteilung kommen", erklärte Özdemir. Dagegen trat Innen-Staatssekretär Ole Schröder (CDU) nachdrücklich für eine Stabilisierung der Lage in Tunesien selbst ein. "Die Menschen sollten vor Ort den Übergangsprozess gestalten und am Aufbau in Tunesien mitwirken anstatt das Land zu verlassen", sagte Schröder der Zeitung. Auch wenn es im Einzelfall nachvollziehabr sei, dass Menschen aus wirtschaftlichen Gründen in die EU kommen wollten, so sei es "nicht Aufgabe des Asylrechts, Wirtschaftsmigranten in die EU zu lassen", betonte Schröder.
Quelle: dts Nachrichtenagentur