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Zentralrat der Juden kritisiert Viktor Orbán

Archivmeldung vom 20.03.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.03.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
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Bild: Zentralrat der Juden

Gut zwei Monate vor der Europawahl warnt der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, vor einem Erstarken der Populisten. Schuster sagte der "Heilbronner Stimme": "In meinen Augen gibt es in vielen Ländern eine zunehmend gefährliche Gemengelage aus Nationalismus und Extremismus. Alle Bürger in der EU sind gefordert, für die Demokratie einzutreten."

Er betonte: "Wir sollten die Debatte allerdings nicht allein den Politikern überlassen, sondern zum Beispiel auch in Kirchen oder in Vereinen führen. Es ist eine breite Diskussion über die Vorzüge eines freien und einigen Europas notwendig, das Thema geht uns alle an." Er hoffe auf ein "deutliches Bekenntnis zu Europa und zur Europäischen Union". Zudem begrüße er die Idee eines Paktes gegen Antisemitismus in Europa, wie ihn der CSU-Politiker Manfred Weber vorgeschlagen hat. Schuster: "Die antisemitischen Ressentiments waren nie weg, sondern schwelten in zahlreichen Staaten lange unter der Oberfläche. Nun stellen wir leider fest: Es wird wieder antisemitisch argumentiert und agiert."

Scharfe Kritik äußert Schuster zur Kampagne des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán, der Anti-EU-Plakate kleben lässt, die EU-Kommissionschef Juncker und den jüdischen Milliardär Soros zeigen. Schuster sagte: " Was man hier im Wahlkampf in Ungarn sieht, ist jenseits einer akzeptablen Grenze. Hier wird ganz klar mit antisemitischen Stereotypen bewusst Politik gemacht. Es werden Vorurteile gegen Juden geschürt und bedient. Es ist ein weites Überschreiten einer roten Linie."

Der Präsident des Zentralrates der Juden fordert zudem eine Überarbeitung des deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das soziale Netzwerke dazu verpflichtet, stärker gegen Hassbotschaften vorzugehen. Schuster: "Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz war ein wichtiger und richtiger Schritt, aber es scheint mir nicht in allen Punkten zu greifen." Das Gesetz sollte rasch "optimiert werden". Schuster: "Es ist nicht zu verstehen, dass Hassbotschaften nach wie vor nicht unverzüglich gelöscht werden. In sozialen Medien gibt es nach wie vor Räume, in denen man sich äußern kann, ohne Sorge zu haben, für Beleidigungen belangt zu werden. Besonders schlimm ist, dass auch die antijüdischen Klischees aus der Nazizeit und Verschwörungstheorien einen breiten Raum einnehmen."

Mahnende Worte richtete er an Fußballvereine, bei denen es zuletzt zu rassistischen Vorfällen gekommen war. Schuster: "Es ist leider keine neue Erkenntnis, dass die Anhängerschaften einzelner Vereine von rechts unterwandert sind. Spieler werden aufgrund ihrer Herkunft, Religion oder Hautfarbe beleidigt. Der FC Union Berlin hat sich sehr deutlich von dem antisemitischen Angriff seiner Fans auf Almog Cohen distanziert, sich entschuldigt und Konsequenzen gezogen. In Chemnitz war die Reaktion leider nicht so eindeutig. Ich hoffe, dass sich Klubs grundsätzlich klar gegen Antisemitismus und Rassismus positionieren. Auch auf die Gefahr hin, dass einige ihrer "Fans" nicht mehr ins Stadion kommen." Im Stadion des Chemnitzer FC war es kürzlich zu umstrittenen Trauerbekundungen für einen bekannten rechten Hooligans gekommen.

Quelle: Heilbronner Stimme (ots)

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