Russische Waffenlieferungen an Vietnam widersprechen chinesischen Interessen?
Archivmeldung vom 26.10.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Umrüstung der vietnamesischen Streitkräfte, die unter aktiver Teilnahme Russlands läuft, sorgt für Interesse im Westen und in benachbarten asiatischen Ländern sowie eine zunehmende Besorgnis Chinas. Diese Besorgnis brachten, laut einem Beitrag von Wasilij Kaschin bei Radio "Stimme Russlands", Chinesen der russischen Seite bei bilateralen Treffen zum Ausdruck. Dabei unternimmt Vietnam lediglich die nötigsten Schritte, damit seine Streitkräfte mit der Zeit mitgehen können. Eine Reihe chinesischer Beobachter erklärten jedoch unverblümt, dass die Umrüstung Vietnams, darunter mit modernen U-Booten mit dieselelektrischem Antrieb, eine bedeutende Bedrohung für die nationale Sicherheit Chinas schaffe.
Weiter heißt es: "Tatsächlich wurde Vietnam zu einem bedeutenden militärtechnischen Partner Russlands. Mit der russischen Hilfe schafft das Land eine U-Flotte, die aus sechs U-Booten des Projekts 636 besteht. Außerdem bekommt Vietnam russische Jäger Su-30MK2, Raketenschnellboote, Fregatten, verschiedene Typen von Anti-Schiffs-Raketen und Flugabwehrmittel. Russland hilft Vietnam bei der Wartung der früher gelieferten sowjetischen Waffen und leistet dem Land bedeutende Hilfe bei der Ausbildung der vietnamesischen Offiziere zu technischen Berufen.
Die Bedeutung der vietnamesischen Erfolge bei der Modernisierung seiner Verteidigungskräfte sollten nicht überschätzt werden. Jedoch wäre es naiv zu glauben, dass das größte Land im Südostasien mit einer sich schnell entwickelnden Wirtschaft sich mit Arsenalen aus den Sowjetzeiten begnügen würde.
China nimmt jährlich neue Atom-U-Boote in die Bewaffnung auf und stellt einige Dutzend Jäger der vierten Generation her. Es wurde die Herstellung von Zerstörern mit eigenem Pendant zum US-amerikanischen AEGIS-System lanciert. Die vietnamesischen Fortschritte stehen gegenüber den chinesischen Modernisierungstempos recht bescheiden da. Welche Waffen Vietnam auch immer von Russland bekommt, hat es einfach zu wenig Finanzressourcen, um Luft- und Seestreitkräfte zu formieren und zu unterhalten, die fähig wären, China herauszufordern. Vietnam versucht lediglich den Mindestbedarf der Nationalverteidigung zu decken. Dabei sollte China zufrieden sein, dass Vietnam es mit Hilfe von Russland macht.
Trotz gelegentlichen Reibungen und Gebietsstreite unterscheiden sich chinesisch-vietnamesischen Beziehungen wesentlich von Chinas Verhältnis zu den engen Verbündeten der USA wie Japan oder die Philippinen. China hält die Entwicklung seiner Beziehungen zu Vietnam für strategisch wichtig und hat vor, dieses Schlüsselland Südostasiens in eine Wirtschaftskooperation einzubeziehen. Der ungelöste Gebietsstreit und starke nationalistische Stimmungen beiderseits können lokale Krisen herbeiführen, die die beiden Regierungen beizulegen versuchen, bevor sie einen unwiderruflichen Schaden angerichtet haben.
Hätte sich Russland geweigert, Vietnam die nötigen Waffen bereitzustellen, würde sich die vietnamesische Seite mit der Gefahr konfrontiert sehen, allmählich seine Kampffähigkeit einzubüßen, was den Kräftegleichgewicht in der Region beeinträchtigen würde. Das Gefühl eigener Hilfslosigkeit würde Vietnam veranlassen, sich an die einzige alternative Waffenquelle – die USA und deren Verbündete – zu wenden.
Im Gegensatz zu Russland setzen die USA der militärtechnischen Zusammenarbeit eine Reihe von politischen Bedingungen voraus. Die militärpolitische Annäherung zwischen den USA und Vietnam, die bereits im Gange ist, könnte sich dramatisch beschleunigen. Vietnam würde die gleiche oder vergleichbare Waffenmenge erhalten, von der Politik des Lavierens zwischen Großmächten würde das Land dabei jedoch in Richtung einer engen Union mit den USA abweichen. Daher würde Russland mit seiner Verweigerung der Waffenlieferungen an Vietnam der chinesischen Nationalsicherheit mehr Sorgen bereiten, als es nun tut."
Quelle: Text Wasilij Kaschin - „Stimme Russlands"