Finanzexperte Marsh fürchtet um Unabhängigkeit der Zentralbanken
Archivmeldung vom 05.09.2020
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Freigeschaltet durch André OttDer britische Finanzexperte und Publizist David Marsh fordert die Europäische Zentralbank (EZB) zur Umkehr auf. Die EZB solle "sensibel, aber dezidiert ankündigen, die Staatsanleihekäufe ab Mitte 2021 zu beenden, wenn sich bis dahin die Wirtschaft entscheidend erholt hat und keine neue Corona-Welle kommt", sagte Marsh dem "Spiegel".
Anderenfalls laufe die Zentralbank Gefahr, zum verlängerten Arm der Finanzminister der Eurozone zu werden. "Sie darf den Finanzministern nicht länger den Eindruck vermitteln, immer für sie da zu sein. Es war richtig, in der Pandemie in die Vollen zu gehen. Aber mit Blick auf den politischen Zusammenhalt in der Eurozone muss sie jetzt Ländern wie Deutschland entgegenkommen", sagt Marsh weiter.
Marsh kritisiert zudem die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) für deren Abkehr vom langfristigen Inflationsziel zwei Prozent. Die Fed hatte kürzlich entschieden, langfristig höhere Teuerungsraten zu tolerieren, wenn dafür die wegen der Pandemie stark gestiegene Arbeitslosigkeit sinkt. "Die neue Fed-Strategie ist das stärkste Zeichen dafür, dass die Notenbanken immer mehr Aufgaben übernehmen, für die Politiker zuständig sind, etwa die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.
Die EZB, die ihre neue Strategie 2021 vorstellen will, wird es wie die Fed machen. Wir erleben das Ende der unabhängigen Notenbanken", glaubt Marsh. Generell sei es zwar "durchaus richtig, wenn Zentralbanken die Ziele der Politik unterstützen, umso mehr in einer Pandemie", so Marsh. Nur dürften sie nicht die Fähigkeit verlieren, das Gegenteil zu tun, sobald es nötig ist, etwa wenn die Inflation steigt. "Zentralbanken dürfen sich nicht von Regierungen instrumentalisieren lassen, um Inflation als Waffe gegen Schulden einzusetzen. Das wäre gefährlich", sagte Marsh weiter.
Quelle: dts Nachrichtenagentur