CDU-Haushälter rechnet mit IWF-Ausstieg aus Griechenland-Hilfen
Archivmeldung vom 14.11.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Haushaltsexperte der Unions-Bundestagsfraktion, Klaus-Peter Willsch (CDU), rechnet damit, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis der Internationale Währungsfonds (IWF) aus der Griechenland-Hilfe der internationalen Geldgeber aussteigt.
Hintergrund ist der Konflikt bezüglich des Zeitplans für die Verminderung der griechischen Schulden zwischen dem Fonds und der Eurogruppe. "Der IWF bereitet seit geraumer Zeit seinen Abgang vor", sagte Willsch "Handelsblatt-Online". Am ersten Hilfspaket für Griechenland sei der IWF noch mit einem Drittel beteiligt gewesen, am zweiten nur noch mit etwa 20 Prozent.
Auch war beim Euro-Rettungsfonds EFSF "zwingend vorgesehen", dass der IWF mit an Bord sei, beim permanenten Rettungsschirm ESM solle dies hingegen "nur angestrebt" werden. "Der IWF wird natürlich intern deutliche Signale gegeben haben, dass er sich an der hemmungslosen Schuldenorgie nicht weiter beteiligen kann", ist sich Willsch sicher. Der IWF habe "einen Ruf zu verlieren", da er "bewährter Profi in Sachen Schuldenrestrukturierung" sei. Und der IWF habe auch schon die Kraft aufgebracht, Schuldenstaaten den Geldhahn zuzudrehen, wenn diese sich nicht an die Auflagen gehalten hätten. "Die betroffenen Staaten haben dann meist schnell eingesehen, dass sie selbst ihr Verhalten ändern müssen und nicht die Kreditgeber ihre Auflagen", sagte der CDU-Politiker. "Doch genau dieser Lerneffekt setzt bei Griechenland nicht ein, weil Nachverhandlungen immer erfolgreich sind." Was nützten Gesetze und Reformen, wenn diese zwar beschlossen, aber letztendlich nicht umgesetzt würden, so Willsch. "Dass der IWF sich an diesem Spiel nicht mehr beteiligen will, ist nachvollziehbar, aber auch dramatisch, weil der IWF der einzige zumindest relativ unabhängige Vertreter innerhalb der Troika ist", erklärte der CDU-Haushaltsexperte.
Der IWF hat etwa ein Drittel der 148,6 Milliarden Euro, die seit 2010 an Griechenland ausgezahlt wurden, beigesteuert. Während die Finanzminister des Euroraums bei ihrem Treffen am Montag den Zeitrahmen für das Ziel, Griechenlands Schulden auf ein nachhaltiges Niveau von 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken, um zwei Jahre auf 2022 nach hinten verschoben hatten, sagte IWF-Direktorin Christine Lagarde, das 2020-Ziel müsse beibehalten werden.
Willsch sagte zu dem Dissens: "Griechenland ist ein Fass ohne Boden, egal wie abgedroschen dieser Satz klingt." Dass Griechenland die Kurve nicht bekomme, wundere ihn nicht. "Es ist ohnehin schon mehr als fragwürdig, wie die Troika einen Schuldenstand von 120 Prozent als erstrebenswertes Mittelfristziel ansieht", sagte der CDU-Experte. 120 Prozent seien doppelt so viel wie laut den Maastrichter Defizit-Kriterien erlaubt. "Wie man bei 120 Prozent überhaupt von einer Schuldentragfähigkeit sprechen kann, ist mir ein Rätsel", so Willsch.
Quelle: dts Nachrichtenagentur